Noch ist die Darmkrebsvorsorge mit einer Blutprobe Zukunftsmusik. Doch Forscher haben Marker entdeckt, mit denen eine Umsetzung möglich erscheint.
Die Krebsfrüherkennung ist ein wichtiges Instrument. Den Versicherten stehen die Vorsorgeleistungen zu – doch viel zu wenige nutzen sie. Zur Koloskopie, die ab dem 55. Lebensjahr als gesetzliche Vorsorgeleistung durchgeführt und nach zehn Jahren wiederholt werden kann, gehen nur etwa 20 Prozent der Bundesbürger, die einen Anspruch darauf haben. Wäre die Darmkrebsvorsorge mit einem Bluttest möglich, sähen die Teilnahmeraten vermutlich anders aus. Zukunftsmusik? In der Tat. Doch Wissenschaftler der Charitè und des Max Planck Instituts für molekulare Genetik in Berlin haben nach ihren neuesten Ergebnissen diese Möglichkeit im Hinterkopf. Molekulare Marker für Darmkrebs entdeckt "Wie konnten in einem Mausmodell für Darmkrebs ein konserviertes Muster von rund 13.000 epigenetischen Veränderungen identifizieren, in denen sich Krebszellen von gesunden Zellen unterscheiden. Die Veränderungen wurden bereits bei ganz jungen Mäusen beobachtet, denen das APC-Gen, ein Tumorsuppressor, defekt ist", erklärt Dr. Markus Morkel, Leiter der Untersuchung. Das bedeutet, dass diese Mutation die epigenetischen Veränderungen bedingt. Diese Modifikationen haben zwar für das Fortschreiten der Krebserkrankung nicht unbedingt eine funktionelle Bedeutung, doch die Forscher fanden heraus, dass ein großer Teil dieser Veränderungen auch in menschlichem Darmkrebsgewebe nachzuweisen ist. Diese Muster scheinen folglich evolutionär sehr konserviert zu sein, was wichtig für einen Marker ist. Erkennen bevor der Krebs entsteht? Mit diesem Set an Markern für Darmkrebszellen ausgerüstet machen sich die Wissenschaftler um Dr. Morkel auf die Suche nach Hinweisen im Blut. Da Tumorzellen sich nicht nur unkontrolliert teilen, sondern auch unkontrolliert in Apoptose gehen, liegt relativ viel freie Tumor-DNA im Blut vor. Dort könnte sich also auch die epigenetische Veränderung in Form von angehefteten Methylgruppen finden lassen. Als nächsten Schritt auf dem Weg zu einer einfacheren Testmöglichkeit muss nun geprüft werden, ob die DNA und die epigenetischen Veränderungen im Blut von Tumorpatienten nachweisbar sind. Anschließend wollen die Wissenschaftler testen, ob der positive Nachweis schrittweise auf einen immer früheren Zeitpunkt verlegt werden kann. Da die epigenetischen Veränderungen beim Darmkrebs bereits durch die ursprüngliche Mutation in APC, einem Gen des Wnt/Beta-Catenin-Signaltransduktionswegs, ausgelöst werden, müssten die Veränderungen folglich zu einem frühen Zeitpunkt nachweisbar sein, zu dem die Krebsvorstufen noch einfach aus dem Darm entfernt werden können – eine wichtige Voraussetzung für eine Früherkennungsuntersuchung. Epigenetik & Krebs – eine vielversprechende Kombination Auch bei anderen Krebsarten wird am epigenetischen Muster geforscht. Bei Magenkrebs lassen sich in Tumoren und Zelllinien Muster finden, die über die aggressive von weniger aggressiven Varianten unterscheiden lassen. Daneben versuchen Wissenschaftler, epigenetische Vorgänge für Antikrebstherapien zu verwenden. Bei Brust-, Leber- und Nierenkrebs übernimmt ein Enzym aus der Gruppe der Histondeacetyltransferasen (HDAC11) die epigenetischen Veränderungen. In gesundem Gewebe scheint das Enzym hingegen keine wichtige Rolle zu spielen. Daher hoffen die Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg, dass sich mit Hilfe der gezielten Unterdrückung der HDAC11 Krebszellen selektiv ausschalten lassen, was in Zellkulturversuchen auch bereits funktioniert hat. Egal ob für Methoden der Früherkennung von Krebs oder der Therapie – in der Epigenetik scheint großes Potential zu liegen. Wir können gespannt sein, welche Entwicklungen sich in den kommenden Jahren ergeben werden.