Unionsvertreter wollen homöopathische Arzneimittel aus der Apothekenpflicht entlassen. Gleichzeitig fordern sie verständlichere Kennzeichnungen statt lateinischen Begriffen. Die Opposition sieht dafür aber keine Notwendigkeit und hält weiter am Status quo fest.
Homöopathische Arzneimittel sind erneut zum Wahlkampfthema geworden. Hersteller kennzeichnen Präparate mit lateinischen Begrifflichkeiten und mit kryptischen Angaben zur Potenzierung. Außerdem werden die meisten Präparate nur registriert, ohne dass Hersteller Beweise zur klinischen Wirksamkeit erbringen. Mechthild Heil, Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ist mit diesem Zustand reichlich unzufrieden.
„Wir erwarten heutzutage, dass wir in allen Bereichen unseres täglichen Lebens angemessen und verständlich informiert werden“, erklärt die Christdemokratin. Dabei seien deutschsprachige Informationen selbstverständlich. „Die Kennzeichnung der Inhaltsstoffe homöopathischer Zubereitungen mit ausschließlich lateinischen Bezeichnungen ist dagegen nicht zeitgemäß und widerspricht allen Ansätzen der modernen Verbraucherinformation“, kritisiert Heil. „Nur wer versteht, was konkret drin ist, kann sich damit auseinandersetzen.“ Hier sieht sie gewaltigen Änderungsbedarf. Außerdem stört sich Heil an der Apothekenpflicht – diese müsse überdacht werden. „Für die meisten dieser Präparate liegt kein Nachweis der Wirksamkeit vor, es erfolgt keine Zulassung mit klinischen Studien, lediglich eine Registrierung. Der ausschließliche Verkauf in Apotheken erweckt dabei den Anschein, es würde sich um wissenschaftlich anerkannte Alternativen zu schulmedizinischen Medikamenten handeln.“ Dem will sie durch klare Regelungen in Form einer Gesetzesinitiative nach der Bundestagswahl entgegenwirken.
„Frau Heil hat offenkundig keine Ahnung, wovon sie spricht“, postet Kordula Schulz-Asche auf Facebook. Sie ist Sprecherin für Prävention und Gesundheitswirtschaft der Grünen. Homöopathische Mittel würden „längst klar und verständlich gekennzeichnet“, weil §10 des Arzneimittelgesetzes das so vorschreibe. Zudem seien Homöopathika in Deutschland „sinnvollerweise durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zulassungs- bzw. registrierungspflichtig und werden dadurch auf Qualität und Sicherheit geprüft“. Gerade die Apothekenpflicht solle eine falsche oder unangebrachte Einnahme verhindern. Schulz-Asche weiter: „Auch der Vorschlag von Frau Heil, den Inhaltsstoff von Meditonsin, dem meistverkauften homöopathischen Mittel bei Erkältungen, zukünftig verpflichtend als „Mineralsalz“ anstatt lateinisch „Atropinum sulfuricum“ anzugeben, hat mit Verbraucherschutz kaum etwas zu tun.“
Auch Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, spricht sich klar für den Erhalt des Status quo aus. „Homöopathika sind klar Arzneimittel und gehören damit in die Apotheke.“ Apotheker könnten Kunden direkt vor Ort aufklären, dass die fehlende Wirksamkeit hinreichend belegt sei. Der Wegfall der Apothekenpflicht löse kein Problem, sondern droht nur, neue zu schaffen. Ihr Ansatz: „Wir wollen nicht, dass vom Heilpraktiker bis zum Homöopathie-Shop eine geschlossene Esoterik-Blase entsteht. Patientinnen und Patienten müssen die Möglichkeit haben, auch eine wissenschaftlich fundierte Einschätzung einzuholen. Insbesondere bei schwereren Erkrankungen sollten sie auf die Notwendigkeit einer anerkannten Therapie hingewiesen werden, was bei der heilpraktischen Behandlung leider häufig nicht geschieht.“
Mittlerweile haben sich auch Patientinnen und Patienten in die Debatte eingeklinkt. Auf Twitter diskutieren sie per Hashtag #Globokalypse das Thema. Man merkt deutlich: Die Bundestagswahl naht.