Durch Kopplung mit dem Darmhormon GLP-1 gelang es nun, Östrogen spezifisch nur zu bestimmten Zelltypen zu dirigieren, wo sie einen Rückgang der Symptome des Metabolischen Syndroms bewirkten.
Wird Östrogen chemisch mit dem Magen-Darmhormon GLP-1 gekoppelt, gelangt das Östrogen nur in Zielzellen von GLP-1, nicht aber in Östrogen-sensitive Organe wie die Gebärmutter. Das zeigt das Team um Professor Matthias Tschöp, Institutsdirektor am Helmholtz Zentrum München, Lehrstuhl-Inhaber an der Technischen Universität München und Träger einer Humboldt-Professur, in Kooperation mit den Kollegen um Professor Richard DiMarchi von der Indiana University in der aktuell erschienenen Ausgabe von Nature Medicine.
Mit einem neuartigen Konjugat zwischen Peptid (Aminosäurenkette) und Steroid konnten die Wissenschaftler im Tiermodell zeigen, dass Östrogen die Wirkung von GLP-1 bei der Blutzuckersenkung und beim Körperfettabbau maximieren kann, erstmalig jedoch ohne die Nebenwirkungen von Östrogen auf Gebärmutter oder Tumorrisiko. Auf der Basis von GLP-1 gibt es bereits einige zugelassene Medikamente gegen Diabetes. "Unser Konjugat zeigt sowohl bei der Behandlung von Adipositas wie auch von Diabetes im Tiermodell eine deutlich bessere Wirkung als GLP-1 allein", sagt Brian Finan vom Helmholtz Zentrum München, der Erstautor der Studie. "Der Trick ist, über den Darmhormon-Träger Östrogen nur an ganz bestimmte Zellen auszuliefern." Die Adipositas und Diabetes Epidemie schreitet ungehemmt weltweit und in Deutschland voran. Durchbrüche zu neuen Therapiekonzepten mit stärkeren Effekten aber ohne Nebenwirkungen werden dringend benötigt.
Übertragbares Behandlungskonzept
"Möglicherweise haben wir mit dieser Studie ein vollkommen neues Behandlungskonzept entwickelt, dass sich in Analogie auch auf eine ganze Reihe weiterer Erkrankungen übertragen lässt, die ebenfalls von Steroidhormonen beeinflusst werden. Das werden wir in Folgestudien ebenfalls untersuchen", so Studienleiter Matthias Tschöp.
Originalpublikation: Targeted estrogen delivery reverses the metabolic syndrome Brian Finan et al.; Nature Medicine, doi: 10.1038/nm.3009; 2012