Der Missbrauch von Amphetaminen nimmt stetig zu. Forscher veröffentlichten nun eine Studie, welche einen bedeutenden Mechanismus ihrer Wirkung entschlüsselt. Daraus könnten sich Behandlungsoptionen für Amphetamin-Abhängige ergeben.
Harald Sitte und Stefan Böhm vom Zentrum für Physiologie und Pharmakologie der MedUni Wien untersuchten in ihrer Studie die Wirkung von Amphetaminen im menschlichen Gehirn. Die Ergebnisse dieser medizinischen Grundlagenforschung sind sehr konkret: demnach entfalten Amphetamine ihre Wirkung nur dann, wenn die Zellmembranen die Serotonintransporter mit dem Membranlipid PIP2 gut „schmieren“. Beim Serotonintransporter handelt es sich um ein medizinisch bedeutsames Membranprotein, da es das Ziel verschiedener Medikamente (z. B. Antidepressiva), aber auch verschiedener missbräuchlich verwendeter Substanzen – etwa Kokain und Amphetamine – ist. Letztere Substanzen standen deshalb auch im Fokus der vorliegenden Studie. Dazu Studienleiter Harald Sitte: „Amphetamine sind eine wichtige Substanzgruppe, weil ihr Gebrauch häufig bagatellisiert wird und sie als Wohlfühlsubstanzen und Denkverstärker propagiert werden. Eine weitere Gefahr ist, dass ständig neue Amphetamin-artige Substanzen auf den Markt kommen. Zu diesen Research Chemicals zählen zum Beispiel die sogenannten Badesalze. Wir wollen verstehen, welche Risiken mit diesen Substanzen verbunden sind und wie diese Substanzen im Körper funktionieren.“
Neben der Entdeckung, dass die Membran, in der die Serotonintransporter eingebettet sind, einen wichtigen Einfluss auf die Wirkung von Amphetaminen ausübt, konnten die Forscher um Sitte in Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe um Gerhard Ecker (Universität Wien) auch die Bindungsstelle von PIP2 an den Serotonintransporter identifizieren. Welche praktische Relevanz diese Entdeckung hat, erläutert Sitte: „Die nun gezeigte Bedeutung der Membranlipide für die Amphetaminwirkung kann uns einen wichtigen Schritt in Richtung der Behandlung von Abhängigkeiten von diesen Substanzen bringen.“ Originalpublikation: Amphetamine actions at the serotonin transporter rely on the availability of phosphatidylinositol-4,5-bisphosphate Harald H. Sitte et al.; PNAS, doi: 10.1073/pnas.1220552110; 2013