In Brüssel haben EU-Kommission, Ministerrat und EU-Parlament ernst gemacht und sich auf eine nicht unerhebliche Änderung der Berufsanerkennungsrichtlinie verständigt: Die Mindestausbildungszeit für das Medizinstudium wird von sechs auf fünf Jahre reduziert.
Der Text der Richtlinie 2005/36/EC wird künftig vorsehen, dass die Mindestausbildungsdauer für das Medizinstudium nur noch fünf Jahre beträgt, innerhalb derer mindestens 5.500 Unterrichtsstunden zu absolvieren sind. „Zwar heißt es in einem Nachsatz, dass das Ziel dieser Änderung nicht die Verkürzung der Ausbildungsdauer sei, doch wird damit die verkürzte Ausbildung legalisiert“, sagt Professor Heyo Kroemer, Präsident des MFT (Medizinischer Fakultätentag). „Statt eine Angleichung der Ärzteausbildung in Europa vorzunehmen, werden nun die Unterschiede vergrößert.“ Ein wesentlicher Knackpunkt seien, so der MFT, die unterschiedlichen Praxisphasen: Die Richtlinie zur gegenseitigen Anerkennung der Ausbildungsabschlüsse ließe offen, was genau zu den Unterrichtsstunden zähle. Bereits heute variiere die Praxisphase der Ärzteausbildung zwischen vier Monaten und zwei Jahren. In manchen Mitgliedsstaaten sei sie Teil des Studiums, in anderen schließe sie sich an dieses an.
Das Ergebnis der mehrjährigen Verhandlungen in Brüssel überrasche, so zumindest die Verantwortlichen des Medizinischen Fakultätentages. Für den Erhalt der sechsjährigen Mindeststudienzeit hätten sich neben dem EU-Ausschuss für öffentliche Gesundheit (ENVI) und dem Deutschen Ärztetag die maßgebenden Institutionen der Universitätsmedizin eingesetzt. Für andere Berufe hätte man in Brüssel lediglich redaktionelle Klarstellungen vorgenommen, doch in der für die Versorgung der Bevölkerung wichtigen Medizin dürfe künftig ein Studienjahr reduziert werden. In Irland und Großbritannien sei bereits – entgegen der geltenden Richtlinie – teilweise eine verkürzte Medizinerausbildung praktiziert worden. Auch eine private Hochschule aus Österreich sei diesem Beispiel gefolgt, um zahlungskräftige Studienbewerber zu gewinnen. Während sich die Mehrheit der Staaten an die EU-Vorgaben gehalten habe, seien nun die Vertragsverletzer die Gewinner, so der MFT. Diese Staaten müssten nunmehr keine Sanktionen befürchten.