Schleimmonster, hüpfende Indianer oder Zwillinge: OTC-Hersteller ziehen alle Register, um Kunden zu erreichen. Bei Professionals kommen solche Clips nicht gut an, hat eine Studie von DocCheck ergeben. Kritisiert wurden darüber hinaus irreführende Botschaften.
Hersteller von OTCs vergessen beim Marketing allzu oft Apotheker und PTAs. Bauen Professionals jedoch Aversionen auf, haben Produkte kaum noch eine Chance. „Ich finde Endkundenwerbung für Arzneimittel grundsätzlich schwierig, da natürlich der Abverkauf im Fokus steht und Aussagen zu den Produkten übertrieben und vereinfacht dargestellt sind“, sagt Dr. Peter Sandmann, Apothekenleiter aus München. Mit dem Hinweis „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ würden Firmen ihre Verantwortung wieder los, und Apotheker beziehungsweise Ärzte müssten dann versuchen, Werbeaussagen zu relativieren oder den Botschaften gar zu widersprechen.
Zu diesem brisanten Thema hat DocCheck jetzt eine Umfrage mit 151 Apothekern und PTAs durchgeführt. Die goldene Himbeere für besonders negative Werbung geht klar an Ratiopharm (23 Prozent Ablehnung), dicht gefolgt von Wick MediNait (14 Prozent). Bei Ratiopharm stören sich Pharmazeuten speziell am Slogan und an den TV-Spots. Die Zwillinge seien „extrem nervig, nicht lustig“ und ein „alter Hut“, äußerten sich viele der Befragten. Auf „Gute Preise, gute Besserung“ reagierten Pharmazeuten nur noch allergisch. Der Slogan sei „aufdringlich“ und entspreche „nicht der Realität“. „Ratiopharm hat eine ziemlich eigenartige Werbung mit Ibuprofen gemacht“, ergänzt Michael Hofheinz, Apothekeninhaber aus Karlsruhe. Er bewertet speziell Klick-Spender als „ganz unseriös“, da Tabletten wie Bonbons angeboten würden. Die nächsten Aufreger: Hüpfende Indianer (Kytta) beziehungsweise Schleimmonster (Mucosolvan) gelten bei vielen Befragten als „kindisch“ beziehungsweise „unangemessen“ für öffentliche Apotheken.
Auch Wick MediNait ist ein rotes Tuch für viele Professionals. Sandmann: „In diesem Spot wird eine für viele Anwender unsinnige Mischung von Arzneistoffen beworben, die wenigsten benötigen alle enthaltenen Wirkstoffe.“ Für Michael Hofheinz hängt es „generell von der Beratungssituation ab“, ob Wick MediNait über den HV-Tisch geht. „Ich kann Kunden stattdessen ein einfaches Schlafmittel und unumstrittene Monopräparate gegen die Erkältungssymptome verkaufen, dann sind sie am nächsten Morgen auch erholt, wie es in der Werbung so schön heißt.“ Almased hingegen ist „mit Sicherheit der nervigste unter allen aufgeführten Spots“, so Sandmann weiter. „Hier wird mit Hilfe eines Apothekers dem Produkt eine Wertigkeit verliehen, die es so nicht verdient – zumal der Hersteller den Vertriebsweg Apotheke als Zusatzgeschäft sieht und seine Produkte zu Dumpingpreisen im Einzelhandel zu finden sind.“ Weitere Kollegen fanden das Leitmotiv – eine Dame im Bikini – „frauenfeindlich“ und „chauvinistisch“.
Anschließend hatten Pharmazeuten die Möglichkeit, Hersteller beziehungsweise Produkte mit wenig charmanten Titeln wie z. B. Langweiler oder schwarzes Schaf auszuzeichnen. Als unglaubwürdigste Marke firmiert Wick (MediNait) mit 6 Prozent ganz vorne, dahinter liegen Ratiopharm (5 Prozent), Formoline (3 Prozent) und Canesten beziehungsweise Yokebe (je 3 Prozent).
Pharmafirmen werden die Resultate erst einmal verdauen müssen. Doch selbst miese Clips haben ihren Charme. „Für mich ist eine schlechte Werbung besser als gar keine“, gibt Michael Hofheinz zu bedenken – vorausgesetzt, die Beratung vor Ort stimme. Letztendlich sei es „Aufgabe der Apotheke, Probleme zu lösen und Kunden wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen“.