Basaliom, Spinaliom oder malignes Melanom: Hautkrebs hat viele Gesichter. Mittlerweile besteht selbst bei aggressiven Formen eine Chance auf Verlängerung des Lebens. Von der maximal möglichen Therapie profitieren jedoch nicht alle Patienten.
Jahr für Jahr erkranken 250.000 Menschen allein in Deutschland an Hautkrebs. Wie die Techniker Krankenkasse berichtet, nehmen trotz dieser erschreckenden Zahlen gerade einmal 37 Prozent aller Versicherten Leistungen zur Früherkennung in Anspruch. Greifen Dermatologen rechtzeitig ein, haben Patienten meist gute Prognosen, je nach Art des Tumors.
Eine Arbeit im „British Journal of Dermatology“ untersucht, welche Parameter das Überleben von Patienten beeinflussen. Forscher werteten Daten von 37.155 Patienten aus, bei denen ein Melanom nachgewiesen wurde. Generell lag die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei 92 Prozent (Frauen) beziehungsweise 87 Prozent (Männer). Noduläre maligne Melanome hatten vergleichsweise schlechte Prognosen – verbunden mit einer Fünf-Jahres-Überlebensrate von 81 beziehungsweise 71 Prozent. Hingegen zeigte sich bei superfiziell, also oberflächlich spreitenden Melanomen sowie bei radial beziehungsweise horizontal wachsenden Lentigo-maligna-Melanomen im Beobachtungszeitraum kein signifikanter Unterschied zur Mortalität der Gesamtbevölkerung. Auch fanden Forscher heraus, dass trotz unauffälliger Ergebnisse bei der Biopsie von Wächterlymphknoten Rezidive auftreten. Dazu untersuchten sie Krankenakten von 515 Patienten mit einem malignen Melanom und fanden in vier Prozent aller Fälle falsch negative Resultate. Besonders häufig traten Rückfälle bei ulzerierenden, tief reichenden Läsionen auf. Die Autoren weisen darauf hin, dass Rezidive selbst nach acht Jahren und mehr entstehen – eine Nachbeobachtungszeit von fünf Jahren reicht nicht aus.
Bei lokal fortgeschrittenen Basalzellkarzinomen bietet Vismodegib, ein Inhibitor des Hedgehog-Signalwegs, künftig therapeutische Alternativen. In den Staaten kommt der Arzneistoff bereits bei fortgeschrittenem oder metastasierendem Basalzellkarzinom zum Einsatz, falls Bestrahlungen oder OPs nicht mehr zum Ziel führen. Jetzt gaben auch europäische Zulassungsbehörden ihren Segen. Bei der zulassungsrelevanten Phase-II-Studie erhielten 96 Patienten mit inoperablem Karzinom 150 Milligramm Vismodegib pro Tag. Erfolg stellte sich bei 43 Prozent der lokal fortgeschrittenen Karzinome und bei 30 Prozent der metastasierenden Karzinome ein, und Tumore schrumpften. Jetzt plant Roche Studien mit Teilnehmern, die ein operables Basalzellkarzinom haben.
Patienten mit fortgeschrittenen Melanomen profitieren auch von immuntherapeutischen Behandlungen. Das Highlight: Ipilimumab, ein monoklonaler Antikörper, blockiert CTLA-4 (Cytotoxic T-Lymphocyte Antigen 4) und sorgt für stärkere, T-Zell-vermittelte Immunreaktionen. Wie die zulassungsrelevante Phase III-Studie zeigte, lebten nach zwei Jahren noch 24 Prozent und nach fünf Jahren noch 18,5 Prozent aller Melanompatienten, die Ipilimumab zur Second-Line-Therapie erhielten. Im Vergleich zur Behandlung mit Glycoprotein 100 verlängerte sich die Lebenszeit um mehr als drei Monate. Dazu heißt es vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): „Auf der Seite der positiven Effekte wird für das Gesamtüberleben das Ausmaß „erheblich“ erreicht. Auf der Seite der negativen Effekte wird das Ausmaß „erheblich“ für immunvermittelte unerwünschte Ereignisse erreicht.“ Wegen des Schadenspotenzials für schwere und schwerwiegende immunvermittelte, unerwünschte Ereignisse wurde der Zusatznutzen von Ipilimumab gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie von „erheblich“ auf „beträchtlich“ herabgestuft. Den Hersteller mag das Fazit kaum stören: Ende Januar haben sich Bristol-Myers Squibb und der GKV-Spitzenverband auf Erstattungspreise verständigt. Hier nennt die „rote Liste“ 5.266,36 Euro für 50 Milligramm des Wirkstoffs. Als Dosierung kommen beim Induktionsregime 3,0 Milligramm pro Kilogramm alle drei Wochen zum Einsatz, und zwar insgesamt vier Einzeldosen. Anstelle von Ipilimumab untersuchten Wissenschaftler auch bispezifische Antikörper. Diese binden Oberflächenstrukturen auf Tumorzellen und auf T-Zellen. Erste Erfolge gibt es bei Lymphompatienten mit dem Antikörper Blinatumomab. Diese Strategie könnte auch gegen Melanome helfen. Bei Patienten mit hohem Rezidivrisiko lohnt es sich wiederum, mit Interferon alfa-2b adjuvant zu behandeln. Eine prospektive, randomisierte Studie hat ergeben, dass sich sowohl das Gesamtüberleben (3,8 versus 2,7 Jahre) als auch das rezidivfreie Überleben signifikant verlängerten. Nach einer Induktion mit täglich 20 Millionen I.E./m2 sollte sich eine Erhaltungstherapie mit 10 Millionen I.E./m2 anschließen.
Speziell bei fortgeschrittenen Melanomen mit B-Raf-V600E-Mutation hat sich Dabrafenib bewährt, ein Inhibitor der B-Raf-Kinase. Dieses Protein steuert Wachstum und Überleben von Zellen, sprich Apoptose und Proliferation, über den RAS-RAF-Signalweg. Jeder zweite Tumor weist entsprechende Erbgutveränderung auf, was vor Therapiebeginn über Real-Time-PCR zu testen ist. Zuletzt präsentierten Ärzte der American Society of Clinical Oncology (ASCO) Resultate ihrer randomisierten Phase-III-Studie BREAK-3. Aufgenommen wurden 250 Patienten mit nachgewiesener Anomalie im Erbgut. Sie erhielten entweder Dabrafenib oder das Zytostatikum Dacarbazin. Signifikante Unterschiede zeigten sich beim progressionsfreien Überleben (5,1 versus 2,7 Monate). Daten zum Gesamtüberleben gab es bei der ASCO-Jahreskonferenz noch nicht – schließlich wurden nach wie vor rund 57 Prozent aller Probanden im Dabrafenib-Arm behandelt. Laut einer Phase-II-Studie profitieren Patienten mit fortgeschrittenem, metastasiertem Melanom besonders von der Therapie, um Hirnmetastasen zu kontrollieren. Neben dem bereits erhältlichen Vemurafenib steht damit ein weiterer Inhibitor der mutierten B-Raf-V600E-Kinase kurz vor seiner Zulassung. Bei Vemurafenib haben sich der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Hersteller Roche im Juni auf einen Erstattungsbetrag verständigt. Die „rote Liste“ nennt hier 2.888,50 Euro für 56 Tabletten zu je 240 Milligramm. Patienten sollten zwei Mal täglich 960 Milligramm des Wirkstoffs einnehmen. GlaxoSmithKline wiederum untersucht gerade GSK1120212 in einer Phase-III-Studie. Das Molekül hemmt zwei andere Kinasen namens MEK1 und MEK2.
Die Arbeiten zeigen, dass Patienten selbst mit fortgeschrittenen Hautkrebsformen gute Chancen haben, ihr Leben zu verlängern. Nicht immer profitieren sie von der bestmöglichen Behandlung, wie eine Arbeit aus „JAMA Internal Medicine“ jetzt zeigt. Dermatologen aus San Francisco nahmen 1.500 Patienten mit Hautkrebs vom Nicht-Melanom-Typ in ihre prospektive Kohortenstudie auf und beobachteten über neun Jahre deren weiteres Schicksal, ihre Resultate sind mehr oder minder allgemeingültig. Dabei hatten 332 Teilnehmer aufgrund von Komorbiditäten oder aufgrund ihres Alters per se eine deutlich eingeschränkte Lebenserwartung. Ärzte berücksichtigten diese Kriterien aber nicht für therapeutische Entscheidungen, heißt es im Artikel. Vielmehr versuchten sie bei 69 Prozent aller Patienten mit limitierter Lebenserwartung, den Tumor chirurgisch zu entfernen. Hinzu kamen Kryotherapien, Laserbehandlungen, Kürettagen oder Bestrahlungen. Lediglich in 3,3 Prozent aller Fälle unterblieben weitere Therapien. In der Gruppe mit eingeschränkter Lebenserwartung waren nach fünf Jahren 43 Prozent und nach zehn Jahren sogar 77 Prozent verstorben – wohlbemerkt nicht an Hautkrebs.