Privatpatienten erhalten neue Arzneimittel früher als gesetzlich Versicherte. In einer Studie stellen sich die privaten Versicherungen als „Innovationsmotor“ des medizinischen Fortschritts dar, von dem letztlich alle profitieren. Mehr als ein Mittel zum Wahl-Zweck?
Deutschland ist mitten im Wahlkampf. Einige Parteien sprechen sich klar für die Biosimilarquoten in GKV und PKV 2015 © WIP
Der Einfluss privater Krankenkassen endet nicht beim Arzt, sondern erstreckt sich auf öffentliche Apotheken. In einer weiteren Analyse berichtet Frank Wild, durch PKV-Versicherte komme es zu Mehreinnahmen von 123,2 Millionen Euro, also 6.000 Euro pro Apotheke. Wie kommt er auf diese Zahlen? Bei Privatpatienten gibt es keine Apothekenrabatte. „Dies führt zu einem höheren Abrechnungspreis in der PKV beziehungsweise zu einem höheren Umsatz für die Apotheken“, schreibt Wild. Seiner Analyse zufolge wurden in 2015 rund 58,9 Millionen Packungen zu Lasten der PKV bezogen. „Multipliziert mit dem Apothekenabschlag von 1,77 Euro je Packung ergibt sich eine Mehreinnahme von 104,3 Millionen Euro zugunsten der Apotheken“, resümiert Wild im Bericht. Gleichzeitig weist er auf Unterschiede im Verschreibungsverhalten hin. Der Durchschnittspreis eines verschreibungspflichtigen Medikaments liegt bei 68,79 Euro für die PKV versus 53,22 Euro für die GKV. Aus der relativen Komponente im Honorar, also drei Prozent des Apothekeneinkaufspreises, kommt Wild auf Mehreinnahme von 18,9 Millionen Euro bei Privatversicherten. Und nicht zuletzt zeigen sich organisatorische Unterschiede. GKVen arbeiten nach dem Sachleistungsprinzip. Sie haben mit Rabattverträgen ein bürokratisches Ungetüm geschaffen, das Apothekern viel Arbeit beschert. Retaxationen führen ebenfalls zu viel Ärger und zu wirtschaftlichen Schäden. Bei PKV-Patienten ergibt sich diese Problematik nicht.
Aus den Analysen abzuleiten, dass Deutschlands Arzneimittelversorgung ohne die Dualität von GKV und PKV nicht funktioniert, ist mutig. Schließlich werden bestehende Probleme nicht gelöst. Das beginnt schon bei der Markteinführung neuer Präparate. „Fast der Hälfte der bislang 228 bewerteten Arzneimittel im AMNOG-Verfahren wurde kein Zusatznutzen zuerkannt – obgleich die Medikamente bereits im Zulassungsverfahren ihre indikationsspezifische Wirksamkeit und ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis nachgewiesen haben“, konstatiert der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie. Schon lange fordern Experten Nachbesserungen. Außerdem müssten sich Apothekenhonorare an der Leistung, also am Aufwand der Beratung orientieren, und nicht an packungsbezogenen Kennzahlen.