Eine frühzeitige Ultraschalluntersuchung in der Notaufnahme verkürzt die Verweildauer im Krankenhaus, wie eine neue Studie nun zeigt. Die Notfallsonografie erlaubt außerdem die schnelle Einleitung der richtigen Therapie und trägt zur Kostensenkung im Gesundheitssystem bei.
Viele Menschen suchen bei akuten Beschwerden die Notaufnahme einer Klinik auf. Nicht immer gelingt dort jedoch eine sichere Diagnose. Sie scheitert oft daran, dass bildgebende Verfahren nicht rasch genug von den diensthabenden Ärzten eingesetzt werden. Die Folge: Patienten kommen in die falsche Fachabteilung und müssen länger in der Klinik bleiben. Eine klinische Studie hat nun gezeigt, dass eine Untersuchung mit Ultraschall innerhalb der ersten 24 Stunden die Verweildauer von Notfallpatienten im Krankenhaus um mehrere Tage verkürzen kann. Wie die Mediziner um Studienleiter Andreas Schuler neulich auf einer Pressekonferenz in Berlin bekannt gaben, trägt die Notfallsonografie so auch zur Kostensenkung im Gesundheitssystem bei. „Ultraschall hilft, die Beschwerden der Patienten schnell dem richtigen Krankheitsbild zuzuordnen“, sagt Schuler, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Medizinischen Klinik an der Helfenstein-Klinik Geislingen.
Mit diesem Verfahren können Mediziner zum Beispiel lebensgefährliche Blutungen im Brust- und Bauchraum, Thrombosen in großen Blutgefäßen, eine Störung der Herzfunktion sowie Gallen- oder Nierensteine als Ursache von Koliken erkennen. Ultraschall kommt ohne Strahlenbelastung aus und ist deshalb beliebig oft wiederholbar. Um die Vorteile einer schnellen Diagnose mit Hilfe von Ultraschall zu bestätigen, untersuchten Schuler und seine Kollegen an sechs Kliniken im Rahmen der prospektiven PRIMUS-Studie insgesamt 1452 Patienten, die mit unklaren Beschwerden in die Notaufnahme gekommen waren. Bei 1105 Studienteilnehmern entschieden sich die Mediziner in den ersten 24 Stunden für eine Sonografie, bei den anderen 347 erfolgte diese erst später, nachdem die Probanden in eine Fachabteilung gebracht worden waren.
Allerdings bestimmte nicht der Zufall, in welche der beiden Gruppen die Patienten eingeteilt wurden, sondern der behandelnde Arzt. „Es wäre ethisch nicht vertretbar gewesen, einem Patienten mit starken Bauchschmerzen mit Verdacht auf eine Blinddarmentzündung die sofortige Ultraschalluntersuchung zu verweigern“, sagt Schuler. Obwohl so die Tendenz bestand, Patienten mit stärkeren Symptomen in die erste Gruppe einzuschließen, zeigte sich bei der Auswertung der Studie, dass die Verweildauer der Patienten in der Gruppe mit einer raschen Ultraschalluntersuchung nur rund 5,13 Tage betrug – im Gegensatz zu den Patienten der anderen Gruppe, die durchschnittlich 8,36 Tage im Krankenhaus bleiben mussten. „Das ist ein Unterschied von 3,23 Tage oder knapp 40 Prozent, der nicht nur den Patienten zugute kommt, sondern auch den Kliniken und den Krankenkassen Geld spart“, sagt Schuler. „Je früher Ultraschall gemacht wird, desto weniger ist auch andere Bildgebung nötig.“
Nicht selten blieb den Studienteilnehmern aus der ersten Gruppe ein Krankenhausaufenthalt ganz erspart: 311 dieser Patienten konnten die Ärzte nach der gründlichen Untersuchung zur Weiterbehandlung an den Hausarzt überweisen oder nach Hause entlassen. Der Einfluss der Sonografie auf die Therapie ist in beiden Gruppen hoch: In der ersten Gruppe konnten die Ärzte bei 51,2 Prozent der Patienten dank des Ultraschalls die richtige Therapie bestimmen und bei 46,1 Prozent Differenzialdiagnosen ausschließen. In der Kontrollgruppe zeigte der Ultraschall bei 30,1 Prozent der Patienten die richtige Therapie an und bei 53,9 Prozent gelang mit seiner Hilfe der Ausschluss von Differenzialdiagnosen. „Der Ultraschall hilft dabei, dass zum Wohle der Patienten schneller eine zielgerichtete Behandlung stattfinden kann“, sagt Schuler.
In der Studie wurde auch untersucht, welchen Einfluss die Qualifikation der behandelnden Ärzte in der Notaufnahme auf die Verweildauer der Patienten und die Qualität der Diagnose hat. Es zeigte sich, dass es sich positiv auswirkte, wenn Ärzte mehr als zwei Jahre klinische Erfahrung hatten und schon mehr als 200 Ultraschalluntersuchungen im jeweiligen Fachgebiet vorgenommen hatten. „Es ist zwar richtig, dass junge Assistenzärzte in der Notaufnahme Dienst tun und dort wichtige Erfahrungen sammeln, aber es braucht auch gut ausgebildete Ärzte mit entsprechender Expertise, die rund um die Uhr zur Verfügung stehen“, sagt Schuler. „Für die Patienten ist es wichtig, dass sie möglichst früh die richtige Diagnose bekommen.“ Aber auch für den Krankenhausträger, so Schuler, rechne sich die bessere personelle Ausstattung, er müsse zuerst zwar etwas mehr investieren, spare aber langfristig Geld.
Andere Experten sehen das ähnlich: „Die Ergebnisse der PRIMUS-Studie sind auf jeden Fall sehr interessant und bestätigen, dass die Notfallsonografie extrem hilfreich dabei ist, um Patienten in die richtige Fachabteilung zu verlegen“, sagt Barbara Hogan, Chefärztin der Zentralen Notaufnahme an der Asklepios Klinik in Hamburg-Altona. „Allerdings benötigen wir in den Notaufnahmen nicht unbedingt mehr erfahrene Ärzte, die sich vor allem in ihrem Fachgebiet gut auskennen, sondern speziell ausgebildete Ärzte, die die gesamte Notfallmedizin abdecken.“ In den meisten Ländern Europas, so Hogan, seien Fachärzte für Notfallmedizin mittlerweile Standard, nur in Deutschland wehren sich die etablierten Fachgesellschaften seit langer Zeit massiv dagegen. Hogan: „Erst seit einigen Jahren hat auch bei uns ein Umdenken eingesetzt, so dass im Rahmen der gerade stattfindenden Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer vermutlich auch die notwendige Qualifizierung in der Notfallmedizin berücksichtigt wird.“ Es bleibe abzuwarten, ob hierbei der Empfehlung der European Union of Medical Specialists (U.E.M.S.), einer europaweit einheitlichen Ausbildungszeit von fünf Jahren zum Facharzt für Notfallmedizin, entsprochen werde.