Die Medien greifen das Spektakel gern auf, wenn mal wieder ein Arzt um seine Approbation bangt. Was aber gefährdet sie? Wann wird die Approbation entzogen, wann die Zulassung und wann kommt es zum Berufsverbot? Dieser Artikel soll Licht ins Dunkel bringen.
Ein praktischer Arzt verlor seine Zulassung, weil er über viele Jahre hinweg und in unterschiedlichen Niederlassungsvarianten Abrechnungsbetrüge in Höhe von über drei Millionen Euro beging. Er selbst fand den Zulassungsentzug als unangemessen. Seine Klage dagegen wurde allerdings abgewiesen. Aber es braucht nicht solche Dimensionen. Auch in geringerer Höhe gefährden wiederholte Abrechnungsbetrüge die Zulassung. Und wann ist die Approbation gefährdet? Es gibt sehr unterschiedliche Sanktionen gegen den Arzt: Zulassungsentzug, Approbationsentzug und Berufsverbot: Doch worin liegt der Unterschied? Zulassungsentzug: Gemeint ist die Zulassung als Vertragsarzt, somit das Recht eines Arztes niedergelassen auf einer eigenen Vertragsarztstelle tätig zu sein. Diese Zulassung erhält er von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Als Vertragsarzt darf er als Niedergelassener gegenüber einer gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen. Der Vertragsarzt kann seine Zulassung aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen verlieren. Die Zulassung ist zwingend zu entziehen (also ohne Ermessen der Behörde), wenn beispielsweise vertragsärztliche Pflichten grob verletzt werden, wie etwa beim Abrechnungsbetrug. Verliert ein Arzt diese Zulassung, ist er immer noch Arzt. Er darf behandeln, ambulant, aber nur Privatpatienten oder auf Kosten des Patienten selbst. Er kann auch eine Anstellung im Krankenhaus suchen oder (zumindest theoretisch) als Angestellter eines anderen Vertragsarztes arbeiten. Allerdings bedarf das wieder der Antragstellung und Genehmigung der zuständigen KV. Je nachdem, weswegen ihm die Zulassung als Vertragsarzt entzogen wurde, kann ihm das dann wieder im Weg stehen. Approbationsentzug, Berufsverbot: Beim Verlust der Approbation oder beim Berufsverbot gibt es Übereinstimmungen: Der Arzt darf gar nicht mehr als solcher arbeiten. Zumindest nicht, so lange und so weit wie das Verbot reicht, beziehungsweise bis er seine Approbation zurück erhält. Und beide Maßnahmen finden statt, um die Patienten vor diesem Arzt zu schützen. Wegen der weitreichenden Wirkung stellen beide Maßnahmen einen Eingriff in das Recht auf die freie Berufswahl dar. Es bedarf also schon erheblicher Anforderungen, damit eine dieser Sanktionen ergriffen werden dürfen.
Das Berufsverbot wird von einem Gericht wegen einer Straftat verhängt. Aber nur, wenn der Arzt verurteilt wird. Nur dann kann das Gericht zum Schutz der Patienten über ihn zudem das Berufsverbot verhängen. Ohne Verurteilung kein Berufsverbot. Geregelt ist das Berufsverbot in § 70 des Strafgesetzbuches (StGB). Außerdem muss die Straftat in einem engen Zusammenhang mit der Berufsausübung stehen. Der Arzt muss die Straftat unter Missbrauch seines Berufs oder unter grober Verletzung seiner berufsrechtlichen Pflichten begangen haben. Das Verbot kann zeitlich begrenzt (1 bis 5 Jahre) oder dauerhaft verhängt werden. Die Approbation hingegen wird vom Bundesland, beziehungsweise von der zuständigen Bezirksregierung erteilt und entzogen. Grund für den Entzug kann eine Verfehlung sein, eine gerichtliche Verurteilung braucht es jedoch nicht. Zudem kann die Approbation auch aus anderen Gründen entzogen werden, die die Eignung der betroffenen Person als Arzt in Frage stellt – z.B. gesundheitliche oder sprachliche Barrieren. Ein weiterer gravierender Unterschied besteht darin, dass die Approbation nur als ganzes und nicht in Teilen widerrufen werden kann, es gilt das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“. Das Berufsverbot hingegen kann sich auf eine bestimmte Art des ärztlichen Handelns beziehen, kann somit darauf beschränkt werden, dass der Arzt z.B. keine Betäubungsmittel mehr verordnen und abgeben darf.
Und letztlich darf die Behörde dem Arzt die Approbation nur dann entziehen, wenn das Gericht kein Berufsverbot ausgesprochen hat. Das Verbot der Doppelbestrafung spricht dagegen, dass neben dem gerichtlichen Berufsverbot die Approbation entzogen wird. Nur bei einem sogenannten „berufsrechtlichen Überhang“ ist eine weitere Maßnahme gerechtfertigt. Ob ein solcher Überhang besteht, muss in jedem Einzelfall gesondert geprüft werden.
Nach deutschem Recht darf niemand wegen einer Sache zwei Mal bestraft werden. Wenn ein Arzt wegen Rezeptbetruges von einem Strafgericht verurteilt wird, gilt die Tat als abgeurteilt. So steht es auch in den Heilberufsgesetzen der Länder (z.B. § 76 HeilBerG NRW). Die zuständige Ärztekammer prüft vorab, ob ein standesrechtliches Verfahren aufgrund des Sachverhaltes möglich und angezeigt ist. Sie erfährt von der Strafsache über die Staatsanwaltschaft zum Zeitpunkt der Klageerhebung und/oder vom Gericht nach Abschluss des Verfahrens.
Das Berufsgericht darf sich nur mit der Sache befassen, wenn besagter Überhang besteht und auch nur bzgl. der nicht beachteten Gesichtspunkte. Ein solcher berufsrechtlicher Überhang lag vor im Fall eines Arztes, der wegen unerlaubter Verschreibung und Abgabe von Substitutionsmitteln verurteilt und vom Gericht für fünf Jahre das Recht auf Abgabe dieser Mittel untersagt wurde.
Seine Klage gegen die zudem erfolgte Entziehung der Approbation wegen Berufsunwürdigkeit wurde abgewiesen. Wegen des verbotswidrigen Umgangs mit Betäubungsmitteln wertete das bayrische Gericht die Feststellung der Unwürdigkeit als gerechtfertigt und damit die Entziehung der Approbation als richtig.
Approbationsentzug nach sexuellen Übergriffen
Möglich ist ein standesrechtliches Verfahren auch bei ansonsten folgenlosen Strafverfahren, wie im Fall einer Anfang dieses Jahres abgewiesenen Klage. Gegen einen niedergelassenen Chirurgen lagen von 2008 bis 2014 diverse Anzeigen und Anklagen vor. Oft ging es um „Streicheleien“ oder medizinisch nicht begründete Untersuchungen der Geschlechtsteile oder des Anus von Kindern und Jugendlichen.
Angezeigt wurde er auch von Arzthelferinnen, die auf anzügliche Weise in die Praktiken mit einbezogen wurden oder Übergriffe gegen sich selber meldeten. Andere warfen ihm vertragswidriges Verhalten vor (z.B. willkürliche Vergütungseinschränkungen). Alle Verfahren wurden eingestellt, aber das Land widerrief erfolgreich die Approbation. In der Begründung steht: Es „... zeigen die vielfachen Vorwürfe dennoch ein klares Verhaltensmuster, das die körperliche Integrität seiner Mitarbeiterinnen und Patienten missachte.“
Aber nicht jedes standesrechtliche Verfahren hat den Entzug der Approbation zur Folge. Häufiger sind Warnung, Verweis oder Entziehung des passiven Berufswahlrechtes. Eine Geldbuße bis zu 50.000 € kann isoliert oder gekoppelt mit den vorgenannten Sanktionen ausgesprochen werden.
Die Bundesärzteordnung (BÄO) regelt, wann und weswegen ein Arzt seine Approbation verlieren kann. Die jeweilige Bezirksregierung ist für die Sanktionen zuständig. Ruhen, Rücknahme oder Widerruf der Approbation sind möglich, wenn sich der Arzt als unwürdig oder unzuverlässig zur Ausübung des Arztberufs erweist. Ruhen kann die Approbation in unklaren oder eiligen Fällen zum vorläufigen Schutz der Patienten. Auch eine fehlende Berufshaftpflichtversicherung kann seit dem Patientenrechtegesetz hierzu führen. Der Arzt bleibt Kammermitglied, der Niedergelassene kann seine Praxis mit einem Vertretungsarzt weiterführen. Die Approbation lebt wieder auf, wenn der Grund für das Ruhen entfallen ist. Die Rücknahme der Approbation erfolgt, wenn die Approbation gar nicht hätte erteilt werden dürfen, wenn also bereits bei Erteilung Gründe dagegen vorlagen. Wird die Approbation wirksam zurückgenommen, gilt sie als nie erteilt. Die BÄO sieht einen Widerruf vor, wenn im Nachhinein Umstände eintreten, die gegen den Fortbestand der Approbation sprechen. Der Widerruf erfolgt mit Wirkung für die Zukunft als gebundene Entscheidung – also zwingend, wenn die Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit des Arztes festgestellt wurde. Bei gesundheitlichen oder sprachlichen Gründen liegt es hingegen im Ermessen der Behörde, ob die Approbation entzogen wird.
Ein Unterschied in der Terminologie liegt darin, dass mit „Unzuverlässigkeit“ eine negative Prognose für zukünftiges Verhalten erteilt wird, während mit dem Begriff der „Unwürdigkeit“ nur in die Vergangenheit geschaut wird. Unzuverlässigkeit: Ein Arzt gilt als unzuverlässig, wenn sein bisheriges Verhalten keine Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft seinen Beruf ordnungsgemäß ausübt. Auf Basis des zurückliegenden Verhaltens wird der Blick also nach vorne gerichtet. Ausschlaggebend ist, wie oft, schwer und häufig er in der Vergangenheit gegen das Berufsrecht verstoßen hat. Die Persönlichkeit des Arztes und seine Lebensumstände fließen in die Prognose ein. Unter dem Eindruck eines laufenden Verfahrens verhalten sich Betroffene meist besonnener. Findet ein Arzt so auf den richtigen Weg zurück, nimmt das entscheidende Gericht gelegentlich an, dass eine nachhaltige Verhaltensänderung vorliegt. Das ist aber eher seltener der Fall. Dies erfuhr auch ein Arzt, der wegen Abrechnungsbetrugs verurteilt und dem daraufhin die Approbation entzogen wurde. Der Geläuterte wehrte sich erfolglos gegen die negative Prognosebewertung. Es gibt aber auch Unbelehrbare. In der Praxis eines Niedergelassenen, der ambulante Operationen durchführte, wurden im Mai 2014 Hygienemängel und eine unzureichende Notfallausstattung festgestellt. Bis Ende Juni sollte er die Mängel beheben. In der Zwischenzeit wurde ihm untersagt, ambulant zu operieren. Der Arzt kam dieser Aufforderung, die bis 9/2015 mindestens fünf mal wiederholt wurde, nicht nach. Dann erfolgte nach vorheriger Ankündigung die Versiegelung der Praxis, schlussendlich entzog die Regierung ihm die Approbation wegen Unzuverlässigkeit. Dass er zudem wegen Körperverletzung vorbestraft war und im Mai 2014 auch keine Berufshaftpflichtversicherung besaß, sei nur am Rande erwähnt. Unwürdigkeit: Die Qualifikation, als „unwürdig“ zu gelten, folgt einzig durch einen Blick in die Vergangenheit ohne Prognose für die Zukunft. Meist handelt es sich um begangene Straftaten des Arztes. Sie müssen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit seinen ärztlichen Pflichten stehen, weil vom Arzt eine solide Lebensführung erwartet wird. Das bedeutet nicht, dass jedes strafwürdige Verhalten zum Approbationsentzug führen kann. Je geringer der Bezug der strafbaren Handlung zum Beruf des Arztes ist, desto schwerwiegender und langanhaltender muss die strafbewerte Handlung gewesen sein. Beging der Arzt schwere gemeinschädliche oder gemeingefährliche Taten, kann dies die Approbation kosten. Langjährige Steuerhinterziehungen oder Spendenveruntreuungen in jeweils erheblichem Umfang können Auslöser sein (z.B. BayVGH, 28.11.2016, Az: 21 ZB 16.436). Irrelevant ist, ob die Öffentlichkeit vom Fehlverhalten des Arztes erfährt. Wird eine gering wiegende Tat von den Medien aufgegriffen und öffentlich gebranntmarkt, so trifft dies den Arzt persönlich, gefährdet aber nicht seine Approbation. Andersherum gilt dies aber auch. Der Arzt kann sich nicht darauf berufen, dass seine Patienten nichts von seinem Fehlverhalten wüssten und er daher von diesen nicht als unwürdig wahrgenommen würde.
Liegt die abgeurteilte Tat fünf bis 20 Jahre zurück und hat sich der Arzt seither untadelig verhalten, besteht Aussicht auf Wiedererteilung der Approbation. So erstritt sich ein Arzt die Wiedererteilung, der wegen sexueller Übergriffe gegen Patientinnen 2008 einen Strafbefehl erhielt und seine Approbation verlor. Weil er sich seither nichts hat zu Schulden kommen lassen, erachtet ihn das Gericht nunmehr wieder als würdig und zuverlässig.
Bei strafrechtlich relevanten Verstößen sollte der anwaltlich vertretene Arzt auf die mögliche Folge eines Approbationsverlustes hingewiesen werden. Wie geschildert, hilft je nach Sachlage eine schnelle Reue vor dem Strafrichter und selbst ein Freispruch nicht. Generell gilt, auszuloten, wie groß das Risiko ist, dass dem Arzt die Existenzgrundlage entzogen wird. Kommt es dazu, sollte geprüft werden, ob eine Klage hiergegen Chancen hat. Kann der Entzug der Approbation nicht verhindert werden, hat der Arzt aber einige Jahre später erneut die Möglichkeit, seine Approbation zurück zu bekommen, vorausgesetzt seine Lebensführung hat sich nachhaltig geändert. Eine sofortige Klage kann durchaus auch zum gewünschten Ziel führen. Eine bayrische Allgemeinärztin klagte erfolgreich. Sie war wegen 22-fachen Betruges rechtskräftig verurteilt. Infolge mehrerer Unfälle war sie häufig krank geschrieben und bezog in dieser Zeit von ihrer privaten Krankenversicherung Krankentagegeld, obwohl sie währenddessen gelegentlich arbeitete. Sie wehrte den Widerruf ab und behielt ihre Approbation.