Bei Patienten mit chronisch entzündlichem Darm kommt es nach einer Reise oft zu Entzündungsschüben. Eine neue Studie zeigt: Die Hauptrolle spielt dabei der Sauerstoffmangel in Flugzeugen oder in den Bergen. Wird dieser Risikofaktor berücksichtigt, kann man weiteren Schüben vorbeugen.
Sauerstoffmangel oder sprichwörtlich „dünne Luft“, wie sie in den Bergen oder in Flugzeugen herrscht, kann bei Menschen mit entsprechender Veranlagung Entzündungen im Verdauungstrakt auslösen. Diesen Zusammenhang haben Forscher der Schweizer CED-Kohorte nun mit Untersuchungen an rund hundert Patienten erhärtet, die an chronisch entzündlichem Darm (CED) leiden. Im Folgemonat nach einem Aufenthalt in den Bergen oder einer Flugreise traten Entzündungsschübe deutlich häufiger auf, wie das Forscherteam um Stephan R. Vavricka vom Triemlispital in ihrer kürzlich publizierten Studie berichten.
Patienten mit CED sind sich des Zusammenhangs von Reisen und Entzündungsschüben oft bewusst und verzichten deshalb aufgrund negativer Erfahrungen mitunter ganz auf Reisen in entfernte Gegenden. Im Allgemeinen werde die Schuld für die Schübe allerdings eher beim Reisestress oder bei im Ausland zugezogenen Infekten gesucht, sagt Vavricka. Der Gastroenterologe und Erstautor der Studie ist sich aber sicher, dass der Grund für die Entzündungsschübe Sauerstoffmangel ist. Eine Flugreise entspricht einem Aufenthalt in etwa 2500 Metern Höhe, was die Sauerstoffkonzentration in der Luft angeht, und die Häufigkeit der Entzündungsschübe ist bei Flug- wie Bergreisen ähnlich erhöht. Zudem lasse sich der Zusammenhang auch im Labor anhand von Gewebeproben belegen, die bei Sauerstoffmangel eine entzündliche Reaktion zeigen, sagt Vavricka. Wenn Aufenthalte in höheren Berglagen und Flugreisen als gewichtige Risikofaktoren für Entzündungsschübe bei CED-Patienten angesehen werden, verschafft das mitunter Erleichterung für die Patienten. So können zum Beispiel behandelnde Ärzte ihren Patienten vor einer Reise Medikamente verschreiben, um die Reaktion ihres Darms auf den Sauerstoffmangel zu lindern und einem Entzündungsschub vorzubeugen.
Erst unlängst hatte dieselbe Forschungsgruppe aufgezeigt, dass es auch während Hitzewellen vermehrt zu Entzündungsschüben bei CED-Patienten kommt. Damit wird immer deutlicher, dass Umwelteinflüsse eine wesentliche Rolle bei Entzündungen im Verdauungstrakt spielen. Mit weiteren Forschungsanstrengungen sollen diese Zusammenhänge in den nächsten Jahren erhellt werden, um damit den behandelnden Ärzten bessere Entscheidungsgrundlagen zu liefern. Dabei sind auch Versuchsreihen in Druckkammern vorgesehen. Originalpublikation: High altitude journeys and flights are associated with an increased risk of flares in inflammatory bowel disease patients Stephan R. Vavricka et al.; Journal of Crohn's and Colitis online, doi: 10.1016/j.crohns.2013.07.011 ; 2013