Ultraschall, ja oder nein? Diese Frage in Hinsicht auf die Brustkrebsfrüherkennung beschäftigt Ärzte wie Forscher in Deutschland schon lange. Einigen können sie sich bislang nicht. Wann ist eine zusätzliche Sonographie sinnvoll? Dr. Konstantin Wagner erklärt seinen Standpunkt.
Das Video in schriftlicher Ausführung: Für die Früherkennung von Brustkrebs wird in Deutschland sehr oft die Mammographie eingesetzt. Das ist ein sehr effizientes Verfahren, es gibt aber ein paar Haken. Problematisch wird die Mammographie nämlich bei sehr dichtem Brustdrüsengewebe, hier stößt das radiologische Bild an seine Grenzen. Jüngere Patienten haben in der Regel ein dichteres Brustgewebe, hier entsteht häufig eine Problematik bei der Früherkennung. Helfen könnte hier die Mammasonographie, also der Ultraschall der Brust, wenn man diesen in das Früherkennungsprogramm miteinbeziehen würde. Dies wird in Nachbarländern wie z.B. Österreich bereits praktiziert. Ein weiteres Problem ist, dass bei der Mammographie nicht die Dichte des Brustdrüsengewebes im Arztbrief ersichtlich ist, sodass man überhaupt nicht nachvollziehen kann, ob die Untersuchungsbedingungen gut oder schlecht waren. Ich finde, diese Information gehört in jeden Arztbrief und in jeden Befund einer Mammographie. Jeder sollte sofort einschätzen können: Das war gut zu beurteilen oder das war schwierig zu beurteilen. Denn das dichte Brustdrüsengewebe erschwert ja nicht nur die Karzinomdetektion sondern ist in sich ein Risikofaktor. Die neue S3-Leitlinie sagt auch ganz explizit, dass die Mammasonographie komplementär zur Mammographie eingesetzt werden soll, dies würde die Sensitivität der Detektion vom Mammakarzinom beim dichten Brustdrüsengewebe insbesondere erhöhen. Aber man darf auch nicht vergessen, dass es dabei eine Falsch-positiv-Rate gibt. Man hat etwas in der Sonographie entdeckt, was stanzbioptisch aber unauffällig war und hat dann natürlich viele Kosten verschleudert und den Patientinnen Sorgen bereitet. Man hat also eine Problematik der Überdiagnostik bei vor allem jüngeren Patientinnen, die noch nicht im Mammographiescreening mit eingeschleust sind. Hier ist natürlich die Frage: Wenn eine junge Patientin mit einem Knubbel in der Brust kommt und fragt „Können Sie da einen Ultraschall machen?“ – ja oder nein? Wenn junge Patientinnen fragen, ob es denn schon sinnvoll sei, in die Vorsorge miteinzusteigen, weil sie Bedenken äußern, Brustkrebs zu haben. Mit jungen Patientinnen kann man sich gemeinsam das erbliche oder allgemeine Risiko anschauen: Gibt es irgendwelche Vorerkrankungen? Brustkrebsvorerkrankungen? Eierstockkrebserkrankungen? Es gibt online viele Scores, mithilfe deren man einschätzen kann: Diese Patientin hat ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs, da kann man schon mal einen Ultraschall machen, diese Patientin hat kein erhöhtes Risiko, hier kann man noch zuwarten. Man sollte den Patientinnen auf jeden Fall das manuelle Abtasten der Brust beibringen und zeigen, sodass sie schon zuhause Vorsorge betreiben können. Aber man sollte natürlich jetzt nicht jede junge Frau einem Brustultraschall unterziehen. Da gehört schon ein gewisses Vorrisiko dazu, dass man solche Maßnahmen ergreift. Unterm Strich ist es eine sehr individuelle Frage: Ist es eine junge Patientin mit einer dichten Brust oder eine ältere Patientin mit einer nicht so dichten Brust? Bei der einen bietet sich der Ultraschall mehr an, bei der anderen die Mammographie. Das sicherste mit der höchsten Sensibilität ist bestimmt eine Kombination aus beidem. Zum viel umstrittenen und medial viel diskutierten Mammographiescreening braucht man gar nicht mehr so viel zu sagen. Ich rate den Patientinnen, dort hinzugehen, wenn sie denn in diesem Zeitfenster für das Screening sind. Ob und inwiefern der Ultraschall der Brust irgendwann in die Früherkennungsmaßnahmen in Deutschland integriert wird, bleibt abzuwarten. Hier muss natürlich kritisch hintergragt werden: Wie ist die Falsch-Positiv-Rate, wie viel Nutzen haben wir unterm Strich wirklich davon? Dazu brauchen wir vielumfassende Studien, die es bislang für Deutschland noch nicht gibt. Bis eine Entscheidung getroffen ist, bleibt uns nur eine individuelle Risikoberatung, in welchen Fällen man einen Brustultraschall empfiehlt und in welchen nicht.