Seit Jahren versuchen Forscher, die sexuelle Übertragung von HI-Viren pharmakologisch zu vermeiden. Bislang hielt sich ihr Erfolg in Grenzen. Schafft ein neuer Vaginalring das Unmögliche?
Tenofovir wirkt als nukleosidischer Reverse-Transkriptase-Inhibitor. In Kombination mit Emtricitabin bekam Tenofovir bereits 2012 von der US Food and Drug Administration grünes Licht zur HIV- Präinfektionsprophylaxe. Frühere Untersuchungen zeigen aber auch enge Grenzen auf. Zwar hat sich laut einer randomisierten klinischen Studie die Rate an Neuinfektionen bei Männern halbiert. Bei einer Zwischenauswertung zeigte sich jedoch, dass Frauen keinerlei Mehrwert von der Arzneimittelkombination haben. Ärzte stoppten die Studie daraufhin. Ungeklärt ist auch, wieso es trotz hormoneller Kontrazeption zu extrem hohen Schwangerschaftsraten von neun Prozent kommen konnte. Die VOICE-Studie führte ebenfalls zum Desaster, da viele Patientinnen trotz entsprechender Anweisungen weder Tabletten einnahmen noch Vaginalgele benutzten. Grund genug für Patrick F. Kiser, das Thema weiterzuverfolgen.
Seine Arbeiten hatten zum Ziel, auch für Frauen eine Präinfektionsprophylaxe anzubieten. Dazu beschichteten Forscher Vaginalringe mit Tenofovir. Als Träger verwendeten sie ein spezielles Elastomer, das unter Feuchtigkeitseinwirkung quillt und hohe Wirkstoffdosen freisetzt. Nach einem Monat ist das Reservoir erschöpft, und ein neuer Vaginalring muss verwendet werden. Im Tierexperiment gelang damit ein 100-prozentiger Schutz gegen Infektionen mit HIV-ähnlichen Viren. Weitere Tests sollen nun folgen. Die Forschergruppe verspricht sich von dem Vaginalring vor allem einen großen Mehrwert in Entwicklungsländern. Frauen müssen weder regelmäßig Tabletten einnehmen noch vor jedem Geschlechtsverkehr zum Vaginalgel greifen. Originalpublikation: Intravaginal ring eluting tenofovir disoproxil fumarate completely protects macaques from multiple vaginal simian-HIV challenges; Smith, James et al.; PNAS October 1, 2013 vol. 110 no. 40 16145-16150