Erstmals wurde die Todesstrafe in den USA mithilfe von Etomidat vollzogen, einer für diesen Zweck bislang noch nicht erprobten Substanz. Grund dafür ist der sich ausweitende Boykott pharmazeutischer Hersteller. Sie wollen keine Präparate mehr wie Midazolam für Hinrichtungen liefern.
Schon im letzten Wahlkampf machte der jetzige US-Präsident Donald Trump klar, an der Todesstrafe festzuhalten. Diese Ansicht teilte auch Hillary Clinton. In den USA werden erprobte Pharmaka für Hinrichtungen deshalb knapp. Jetzt experimentieren Behörden mit neuen Mischungen.
Mitte 2016 hatte Pfizer erklärt, keine Pharmaka an US-Strafvollzugsbehörden mehr zu liefern, da der Konzern den Einsatz seiner Produkte als tödliche Injektionen bei der Vollstreckung der Todesstrafe strikt ablehne. Zuvor waren 20 andere Hersteller bereits diesen Schritt gegangen. Damit fehlten legale Mittel und Wege, um an Midazolam, Pentobarbital oder Propofol zu kommen. Einige Staaten versuchten, Pharmaka als Rezeptursubstanzen über spezielle Apotheken, sogenannte Compounding Pharmacies, zu organisieren. Andere versuchten ihr Glück über nicht genehmigte Importe. Häufig kamen Menschenrechtsaktivisten den illegalen Machenschaften auf die Schliche. Damit blieb nur noch eine Möglichkeit: die Verwendung bislang nicht reglementierter Präparate.
Ende August wurde ein zum Tode verurteilter Mörder mithilfe einer bislang nicht erprobten Substanz hingerichtet. Der 53-jährige Mark Asay erhielt im Gefängnis der Stadt Starke (Bundesstaat Florida) unter anderem eine Injektion mit Etomidat. Zuvor hatte Asays Anwalt vergeblich versucht, gegen den Einsatz neuer Giftcocktails vorzugehen. Zuvor wurde der Fall des zum Tode verurteilten Doppelmörders Joseph Wood bekannt, der seinem Anwalt zufolge zwei Stunden nach der Giftinjektion gelitten haben soll. Er bekam im Jahr 2014 eine Mischung aus Midazolam und Hydromorphon. Bei der Hinrichtung von Mark Asay wurde zuerst Etomidat als Hypnotikum gespritzt. Dann folgte Rocuronium, das als Muskelrelaxans die Atemmuskulatur erschlaffen lässt. Kaliumacetat wurde auch erstmalig eingesetzt. In hoher Konzentration kehren Kaliumionen das Membranpotenzial um und es kommt zum Herzstillstand. Zuvor arbeiteten US-Behörden mit drei verschiedenen Substanzen. Narkosemittel wie Thiopental sollen die Person bewusstlos machen. Die Wirkung tritt schnell ein, hält aber nur fünf bis 15 Minuten an. Relaxantien wie Pancuroniumbromid, Vecuroniumbromid oder Tubocurarin lähmen anschließend die Atemmuskulatur. Und Kaliumchlorid führt zum Herzstillstand.
Auch das neue Protokoll mit Etomidat könnte bald der Vergangenheit angehören. Umgehend meldete sich der Hersteller zu Wort. „Janssen entdeckt und entwickelt medizinische Innovationen, um Leben zu retten und zu verbessern“, erklärte ein Sprecher gegenüber der Washington Post. „Wir dulden die Verwendung unserer Medikamente in tödlichen Injektionen für Todesstrafen nicht.“ Ein möglicher Boykott wird weitere Hinrichtungen aber kaum stoppen. Dafür ist die Befürwortung der Todesstrafe innerhalb der US-Bevölkerung zu groß. Manche Bundesstaaten sehen Alternativen im Galgen, in Gaskammern oder im elektrischen Stuhl, falls sie auf Pharmaka verzichten müssen. Die Verfassung der USA verbietet derartige Praktiken jedenfalls nicht.