Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen werden heutzutage oft zusätzlich mit Antidepressiva behandelt. Diese wirken zwar besser als Placebos, der Unterschied ist allerdings klein und schwankt je nach Störungsart, wie eine aktuelle Metaanalyse zeigt.
Zu den häufigsten psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen gehören Angststörungen, depressive Störungen, Zwangsstörungen und posttraumatische Belastungsstörungen. Zusätzlich zu psychotherapeutischen Interventionen erhalten Kinder und Jugendliche zur Behandlung auch neuere Antidepressiva wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI).
Psychologen der Universität Basel haben zusammen mit Kollegen der Harvard Medical School und des amerikanischen National Institute of Mental Health 36 Medikamentenstudien analysiert. Die Studien umfassten insgesamt Daten von 6778 Kindern und Jugendlichen im Alter von bis zu 18 Jahren. Die Ergebnisse der Meta-Analyse zeigen einerseits, dass Antidepressiva verglichen mit Placebos zwar signifikant besser gegen die verschiedenen Störungen wirken, der Unterschied aber klein ist und je nach Art der psychischen Störung schwankt. Andererseits zeigte sich, dass der Placebo-Effekt bei der Wirkung von Antidepressiva eine wesentliche Rolle spielt. Die Studie ergab außerdem, dass Patienten, die mit Antidepressiva behandelt wurden, mehr Nebenwirkungen beklagten als solche, die ein Placebo erhielten. Die Nebenwirkungen reichten von leichten Symptomen wie Kopfschmerzen bis hin zu suizidalen Handlungen.
Laut Studie unterscheiden sich die Effekte von Antidepressiva und Placebo je nach Art der psychischen Störung: Antidepressiva haben bei Angststörungen eine größere spezifische Wirkung als bei depressiven Störungen. Hingegen wirken Placebos bei depressiven Patienten stärker als bei solchen mit einer Angststörung. Die Erstautorinnen Dr. Cosima Locher und Helen Koechlin der Fakultät für Psychologie der Universität Basel sehen hier Potenzial für neue Behandlungskonzepte, die die Wirkung der Faktoren, die zum Placebo-Effekt beitragen, bei Depressionen gezielt nutzen.
Die Meta-Analyse zeigt aber auch, dass Antidepressiva in der Behandlung von psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter eine wichtige Rolle einnehmen. „Dabei ist es wichtig, das Verhältnis zwischen klinischem Nutzen und möglichen Nebenwirkungen im Gespräch mit dem behandelnden Arzt individuell abzuklären“, so Locher. Der Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Basel. Quelle: Efficacy and Safety of Selective Serotonin Reuptake Inhibitors, Serotonin-Norepinephrine Reuptake Inhibitors, and Placebo for Common Psychiatric Disorders Among Children and Adolescents Cosima Locher et al., JAMA Psychiatry, doi: 10.1001/jamapsychiatry.2017.2432; 2017