Eine weit verbreitete Zierpflanze rückt in den Fokus der Asthmaforscher: Die Korallenbeere. Sie enthält eine Substanz, die das Verkrampfen der Bronchialmuskulatur verhindert. Laut Studienautoren könnte sie zukünftig mit herkömmlichen Asthma-Medikamenten konkurrieren.
Die Korallenbeere (Ardisia crenata) könnte sich als Hoffnungsträger für Asthmatiker entpuppen: Physiologen und Pharamzeuten der Universität Bonn haben aus ihren Blättern einen neuartigen Wirkstoff gegen die weit verbreitete Atemwegs-Erkrankung gewonnen. In Mäusen unterbindet er nahezu vollständig die charakteristische Verkrampfung der Bronchien. Die Pflanze selbst ist kein Exot: Es gibt sie in jedem gut sortieren Gartencenter. In den Wintermonaten bildet sie auffällige leuchtend rote Beeren, die sie in dieser Zeit zu einer beliebten Zierpflanze machen.
Die an der Studie beteiligten Wissenschaftler interessieren sich jedoch aus einem anderen Grund für die Pflanze: Die Blätter der Korallenbeere enthalten ein Depsipeptid mit der Bezeichnung FR900359. Man vermutete zwar bereits, dass diese sich als Arznei gegen bestimmte Krankheiten eignen könnte. Dennoch wurde Ardisia crenata von der Wissenschaft bislang weitgehend missachtet.
Der neuartige Wirkstoff löst diesen Spasmus und das anscheinend effektiver und langfristiger als das gängige Asthmamedikament Salbutamol. „Allerdings haben wir die Substanz bislang nur an asthmakranken Mäusen getestet“, erklärt Juniorprofessorin und Studenleiterin Dr. Daniela Wenzel. FR900359 hemmt eine zentrale Gruppe von Signalmolekülen in den Körperzellen, die Gq-Proteine. Diese übernehmen bei vielen Prozessen im Körper eine Schlüsselfunktion – auch bei der Steuerung der Bronchialmuskulatur. An der Atemwegsverengung bei Asthmaanfällen sind viele verschiedene Signalwege beteiligt. Hemmt man einzelne Signalwege, kann man die Verkrampfung der Atemwege mildern. Herkömmliche Asthmamittel zielen darauf ab, wirken bei einem schweren Asthmaanfall dadurch aber nur teilweise. „Wenn wir die Aktivierung der Gq-Proteine mit FR900359 hemmen, erzielen wir einen weit stärkeren Effekt“, betont Autorin Dr. Michaela Matthey. Die Gq-Proteine liegen an einem wichtigen Knotenpunkt der verschiedenen Signalwege.
Bei den asthmakranken Mäusen in der Studie funktionierte das ausgesprochen gut. „Wir konnten verhindern, dass die Tiere auf Allergene wie Hausstaub mit einer Verengung der Bronchien reagieren“, erklärt Wenzel. Nebenwirkungen gab es kaum, da sich der Wirkstoff über die Atemwege applizieren ließ und so nur in geringen Mengen in den Blutkreislauf gelangte. Ob sich die Substanz auch zum Einsatz am Menschen eignet, ist noch nicht geklärt. Zwar konnten die Wissenschaftler bereits zeigen, dass menschliche Bronchialmuskelzellen in der Zellkultur sowie isolierte menschliche Atemwege ähnlich vielversprechend reagieren. Doch für die Anwendung am Menschen sind klinische Studien notwendig.
Der Text basiert auf einer Pressemitteilung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Quelle: Targeted inhibition of Gq signaling induces airway relaxation in mouse models of asthma Michaela Matthey et al., Science Translational Medicine, doi: 10.1126/scitranslmed.aag2288; 2017