Eine Studie des Deutschen Krankenhausinstituts sorgt für Aufmerksamkeit: In unseren Kliniken fehlen Fachkräfte, und so manches Haus ist finanziell in schweren Nöten. Von einer neuen Bundesregierung erhoffen sich Kollegen jetzt tiefgreifende Reformen.
Seit 2010 untersucht das Deutsche Krankenhausinstitut, wie es um Kliniken hier zu Lande bestellt ist: unter personellen, strategischen und wirtschaftlichen Aspekten. In die aktuelle Ausgabe des „Krankenhaus-Barometers“ flossen repräsentative Daten von 290 Allgemeinkrankenhäusern ab 50 Betten. Kleinere Häuser haben Forscher aufgrund besonderer Schwerpunkte oder Strukturen nicht mit einbezogen. Einige Highlights aus der Studie:
Deutschlandweit haben 34 Prozent aller Häuser Probleme, offene Stellen im Pflegedienst für die Normalpflege zu besetzen (2011: 37 Prozent). Davon sind kleine Krankenhäuser unter 300 Betten besonders stark betroffen – 40 Prozent fanden kein Personal für vakante Stellen. Bei der Intensivpflege suchen 40 Prozent aller Einrichtungen händeringend nach Fachkräften. (2011: 33 Prozent). Mit steigender Größe verschlimmern sich entsprechende Engpässe weiter. Bei Großkrankenhäusern ab 600 Betten finden 65 Prozent keine neuen Mitarbeiter. Besser sieht die Entwicklung beim nichtärztlichen Personal im OP-Bereich aus: Hier sind lediglich 29 Prozent der Jobs nicht besetzt – immerhin ein Rückgang um neun Prozent gemessen an Zahlen aus 2011. Besonders extrem ist auch hier die Lage großer Kliniken.
Beim ärztlichen Dienst entspannt sich die Lage leicht. Laut „Krankenhaus-Barometer“ haben 58 Prozent der befragten Einrichtungen Schwierigkeiten, vakante Stellen zu besetzen – verglichen mit 80 Prozent (2009) und 74 Prozent (2011). Das entspricht umgerechnet 2.000 Vollkraftstellen (2011: 3.800) – immerhin eine positive Tendenz. Großkrankenhäuser scheinen besonders attraktiv zu sein, lediglich 48 Prozent fanden keine Ärzte. Um Defizite auszugleichen, setzten zwei von drei Krankenhäusern im letzten Jahr Honorar- und Vertragsärzte ein – in 2010 waren es noch 71 Prozent. Gemäß Zulassungsverordnung können auch niedergelassene Kollegen im Krankenhaus arbeiten. Von dieser Möglichkeit machten 28 Prozent der Häuser Gebrauch, ohne zahlenmäßig große Veränderungen.
Neben der Personalentwicklung zeigt sich im „Krankenhaus-Barometer“ eine weitere Tendenz: Jede zweite Klinik hat seit 2008 Teilbereiche oder Leistungen outgesourct, vor allem kleinere beziehungsweise mittelgroße Einrichtungen. Besonders häufig wurden Wäschereien (80 Prozent), Reinigungsdienste (66 Prozent) und Küchen (41 Prozent) genannt. Jede vierte Klinik hat Hol- und Bringdienste sowie die Bettenaufbereitung nach außen vergeben. Aus dem medizinisch-technischen Bereich werden häufig Apotheken (53 Prozent), Labors (39 Prozent) und radiologische Einrichtungen (21 Prozent) ausgegliedert. Der Trend setzt sich ungebrochen fort, während lediglich zehn Prozent aller Befragten zuvor outgesourcte Leistungen wieder in ihre Einrichtung zurückgeholt haben. Autoren des Krankenhaus-Barometers sehen im Outsourcing gleich mehrere Vorteile: geringere Personal- und Sachkosten, mehr Qualität und eine höhere Flexibilität. Wer sich später für ein Insourcing entschied, hat meist schlechte Erfahrungen hinsichtlich der Qualität gemacht. Und nicht immer kam es zu den erhofften Einsparungen.
Wirtschaftliche Aspekte sind eben nicht zu unterschätzen, das zeigen aktuelle Daten. Jede zweite Klinik schrieb in 2012 rote Zahlen, ein Jahr zuvor waren es nur 31 Prozent. Positive Ergebnisse erzielten nur noch 43 Prozent (2011: 55 Prozent). Weitere sieben Prozent (2011: 14 Prozent) berichteten von ausgeglichenen Bilanzen. Doch selbst hinter schwarzen Zahlen verstecken sich nicht selten ernste Sorgen. 57 Prozent der Befragten gaben zu Protokoll, ihr Jahresergebnis habe sich verringert. Und bis Ende des Jahres erwarten 39 Prozent, dass sich die prekäre Lage weiter zuspitzt. Vergleichsweise gut schnitten mittelgroße Häuser ab: Sie hatten häufig (55 Prozent) einen Jahresüberschuss. Alles in allem sehen die Autoren hier eine „dramatische Verschlechterung“.
„Wenn mehr als die Hälfte der Kliniken rote Zahlen schreibt, dann liegt ein schwerer Systemfehler vor“, kommentiert Alfred Dänzer, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), den Bericht. „Wir erwarten von den Koalitionsverhandlern, dass sie grundlegend verbesserte Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser zum Thema machen.“ Er kritisiert, der geplante 500-Millionen-Euro-Fonds zur Umwidmung von Kliniken in Pflegeheime und medizinische Versorgungszentren sei „nicht zielführend“. Bis 2014 wollen Union und SPD eine umfassende Krankenhausreform auf den Weg bringen und auch berücksichtigen, dass sich die ambulante Notfallversorgung außerhalb gängiger Sprechzeiten immer stärker auf Kliniken konzentriert. „Wir streben dabei eine regelhafte Kooperation der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenhäuser zur Sicherstellung der ambulanten Notfallversorgung an“, heißt es im Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Gesundheit. Alle Maßnahmen stehen wie so oft unter Finanzierungsvorbehalt.