Wissenschaftler haben einen neuen Wirkstoff entdeckt, der die Zellteilung von Leukämiezellen unterdrückt und bei der Bekämpfung von Krebs eine wichtige Rolle spielen könnte.
Der Wirkstoff XD14 blockiert die Funktion einiger Proteine aus der BET-Familie, die auch als epigenetische Leseproteine bezeichnet werden: Sie erkennen epigenetische Veränderungen an sogenannten Histonproteinen und geben dieses Signal weiter, um zum Beispiel eine Zellteilung auszulösen. Im Falle von Leukämie kann es durch genetische Mutationen zu einer Störung in der Signalkette kommen: Die Zellen teilen sich ungebremst weiter und schädigen so den gesamten Organismus. Den neuen Wirkstoff haben die Wissenschaftler mit einem sogenannten „Virtuellen Screening“ ermittelt: Die Arbeitsgruppe Pharmazeutische Bioinformatik, geleitet von Stefan Günther, untersuchte etwa zehn Millionen Moleküle in einem Computermodell auf deren Eigenschaften. Ziel war es, die wenigen Substanzen zu identifizieren, deren Bindungskraft so groß ist, dass sie die Signalweitergabe bestimmter Proteine der BET-Familie unterdrücken kann. Molekülmodell des neu identifizierten Wirkstoffs (gelb), gebunden an ein epigenetisches Leseprotein aus der BET-Familie (grau). Der Wirkstoff verhindert die Bindung des Leseproteins an ein Histonprotein (türkis). © AG Pharmazeutische Bioinformatik
Die aufwändigen Berechnungen wurden in einem Rechnerverbund der Universitäten Baden-Württembergs, dem bwGRID, umgesetzt. Eine der ermittelten Substanzen haben die Wissenschaftler unter anderem an 60 verschiedenen Arten von Krebszellen getestet. Die Forscher wiesen in dem Experiment nach, dass der Wirkstoff die Zellteilung von Leukämiezellen stark unterdrücken kann. Sie untersuchen nun, ob sich das Molekül als Medikament eignet. Originalpublikation: 4-Acyl Pyrroles Mimic Acetylated Lysines in Histone Code Reading Xavier Lucas et al.; Angewandte Chemie International Edition, doi: 10.1002/anie.201307652; 2013