Seltene genetische Hochrisikovarianten (CNVs) für Schizophrenie und Autismus beeinflussen kognitive Fähigkeiten und Hirnstrukturen auch bei den Menschen, die diese Gene zwar tragen, aber nicht an den Störungen erkrankt sind. So die Ergebnisse einer aktuellen Studie.
Seit einigen Jahren sind seltene genetische Hochrisikovarianten („copy number variants“, abgekürzt CNV) für Schizophrenie und Autismus bekannt, die das Risiko für diese Erkrankungen bei Trägern um das Mehrfache erhöhen können. Daher sind sie von großem Interesse für das Verständnis dieser Störungen, aber auch potentiell für die Früherkennung und Prävention. Gerade wegen ihrer Seltenheit war aber über die Gehirneffekte dieser CNVs fast nichts bekannt. In der neuen Studie untersuchten die Forscher 27 dieser CNVs. Ziel der Studie war es, festzustellen, ob gesunde Träger der Genvarianten schon kognitive Störungen oder Hirnveränderungen aufweisen, wie sie bei Menschen mit Schizophrenie oder Autismus auftreten. Dazu verglichen die Forscher an Schizophrenie erkrankte Menschen mit gesunden Trägern der Genvarianten, mit gesunden Trägern anderer Genvarianten sowie mit Menschen, die keine Genvariante aufwiesen. Gesunde Studienteilnehmer wurden mittels Kernspintomographie untersucht und lösten eine Reihe von Tests zu bestimmten kognitiven Fähigkeiten, von denen bekannt ist, dass sie bei an Schizophrenie Erkrankten gestört sind, wie Aufmerksamkeit, räumliches Arbeitsgedächtnis, logisches Gedächtnis, kognitive Flexibilität und Sprache.
Die Ergebnisse zeigen, dass die kognitiven Fähigkeiten von gesunden Genträgern zwischen denen der schizophrenen Patienten und den Menschen ohne Risikogene liegen. Die kernspintomographischen Untersuchungen wiesen bei den gesunden Genträgern strukturelle Hirnveränderungen nach, die sowohl mit der Schizophrenie als auch mit den Veränderungen kognitiver Prozesse verknüpft sind. Diese Erkenntnisse legen den Rückschluss nahe, dass die kognitiven Defizite, die häufig bei schizophrenen Patienten festgestellt werden nicht zwingenderweise eine Folge der Erkrankung sind, sondern, dass umgekehrt, diese kognitiven Probleme schon einen Risikofaktor für die Erkrankung darstellen. „Die Studienergebnisse boten uns zum ersten Mal eine Ahnung dessen, wie Hirnveränderungen als Folge genetischer Hochrisikovarianten die Kognitionen beeinflussen und damit das Erkrankungsrisiko für Schizophrenie und Autismus erhöhen können“, erklärt Professor Andreas Meyer-Lindenberg, Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am ZI. Originalpublikation: CNVs conferring risk of schizophrenia affect cognition and brain structure in control carriers Hreinn Stefansson et al.; Nature, doi: 10.1038/nature12818; 2013