Für bessere Medikamente untersuchen Forscher neue Wirkstoffe an biologischen Zellen. Die Kombination von zwei Mikroskopieverfahren könnte den Zeitaufwand um 50 bis 80 Prozent reduzieren, weil dadurch deutlich weniger Messungen als bisher nötig seien.
Für neue Medikamente testen Biologen und Pharmakologen verschiedene Wirkstoffe und Chemikalien. Die zentrale Frage dabei: Wie reagieren biologische Zellen auf diese Substanzen? Dies untersuchten Forscher vielfach mit einem Fluoreszenz-Mikroskop, indem sie digitalholographische Aufnahmen machen – also computer-generierte Hologramme erzeugen –, die denen der klassischen Holographie ähneln: Die untersuchten Zellen erscheinen auf den Aufnahmen dreidimensional. Das Hologramm wird optisch erzeugt, digital aufgenommen und im Computer ausgewertet. Dort wird die dreidimensionale Darstellung der Zellen berechnet. Die Vorteile dieser Methode: Die Forscher brauchen keinen Marker, um die Zellen sichtbar zu machen. Sie können die Zellen untersuchen, ohne sie zu berühren. Und die Zellen lassen sich in lebendem Zustand charakterisieren. Um effizient und verlässlich prüfen zu können, wie die Zellen auf chemische Substanzen reagieren, müssen diese einzeln in kleinen Haltestrukturen eines Mikrofluidik-Chips sitzen – also jede Zelle in einem eigenen Hohlraum. Auf diese Weise können sie sich gegenseitig nicht beeinflussen. Zudem sollten sie möglichst gleich groß sein, damit man ihre Reaktionen auf den Wirkstoff vergleichen kann. Das Problem: Es ist schwierig, die Zellen einzeln in die kleinen Haltestrukturen zu befördern, häufig schwemmen die Forscher sie mit der Nährlösung hinein. Mit dem Resultat, dass zum einen oft mehrere in einem Hohlraum sitzen, und zum anderen kleine wie auch große Zellen hineingespült werden. Teilweise schwimmen sie während der Untersuchung auch wieder aus den Höhlen heraus. All dies müssen die Forscher statistisch ausgleichen. Sprich: Sie müssen unzählige Messungen durchführen und eine Menge Zellen untersuchen, um ein belastbares Ergebnis zu erhalten – ein unter Umständen langwieriges Unterfangen.
Forscher vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen könnten nun eine Lösung für dieses Problem gefunden haben. "Wir kombinieren die digital-holographische Mikroskopie mit einer optischen Pinzette", verrät Stephan Stürwald, Gruppenleiter am IPT. Eine optische Pinzette ist ein Laserstrahl, der durch seinen Strahldruck eine Zelle festhalten oder auch transportieren kann. Mit diesen Werkzeugen können die Wissenschaftler ausgesuchte Zellen greifen, sie einzeln in Mikrostrukturen positionieren und dauerhaft dort festhalten. "Mit dieser Kombination können wir, je nach Zelltyp und Untersuchungsmethode, 50 bis 80 Prozent des sonst üblichen Aufwands einsparen – es sind also sehr viel weniger Serienmessungen notwendig", sagt Stürwald. Die Pinzetten lassen sich auch über den Touchscreen eines Tablet-PCs steuern. Die Kombination dieser beiden Methoden vereinfache nicht nur die bisherigen Untersuchungen, sondern erlaube auch neue. So ermögliche sie es etwa, die Zellen in bestimmten Abständen voneinander zu positionieren und somit verschiedene Muster anzulegen. Auf diese Art und Weise könnten die Wissenschaftler Interaktionen zwischen den Zellen untersuchen, da sie einen festen Abstand zueinander haben.