Die Schlaf-Wach-Regulation beim Menschen ist individuell und zu einem großen Teil genetisch bedingt. Forscher zeigen nun, dass auch ein Gen, das die Signalübertragung von Dopamin im Gehirn mitprägt, eine wichtige Rolle spielt.
Fast einen Drittel unseres Lebens verbringen wir im Schlaf. Mit ihm im Dunkeln liegt nach wie vor eine allgemein akzeptierte Antwort auf die Frage, warum wir denn schlafen. Die biologische Funktion und die komplexen Prozesse des Schlafs sind deshalb eine der brennendsten offenen Fragen der Neurowissenschaften und der medizinischen Forschung. Forscher des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie und des Instituts für Medizinische Molekulargenetik der Universität Zürich (UZH) konnten nun nachweisen, dass auch das Dopamin an der physiologischen Schlaf-Wach-Regulation des Menschen mitwirkt. Dieser Botenstoff ist an fundamentalen Vorgängen im Gehirn wie der Bewegungskontrolle, der Steuerung der Emotionen, Belohnungsprozessen und der Schmerzverarbeitung beteiligt – über seine Bedeutung für den physiologischen Schlaf war bislang nur wenig bekannt. „Wir zeigen, dass genetisch bedingte Unterschiede für Transportmoleküle des Dopamins die individuelle Schlafregulation beim Menschen mitprägen“, erläutert Studienleiter Hans-Peter Landolt die Resultate.
Wie andere wichtige physiologische Prozesse des Organismus wird der Schlaf homöostatisch reguliert. Dies bedeutet, dass ein erhöhtes Schlafbedürfnis nach Schlafentzug durch einen verlängerten und intensiveren Erholungsschlaf wettgemacht wird. Die Schlaftiefe kann durch die Ableitung der Hirnstromwellen, das sogenannte Elektroenzephalogramm (EEG), bestimmt werden; die Hirnstromaktivität im Tiefschlaf sowie die Folgen von Schlafentzug sind von Mensch zu Mensch sehr verschieden. „Diese Unterschiede sind zu einem großen Teil genetisch bedingt, doch die verantwortlichen Gene sind fast noch völlig unbekannt“, so Hans-Peter Landolt. Sein Forschungsteam konnte nun zeigen, dass eine Variante beim Gen des Dopamin-Transporters (DAT) bei diesen interindividuellen Unterschieden eine wichtig Rolle spielt. Das DAT-Protein bindet das Dopamin und beendet damit in bestimmten, für die Schlaf-Wach-Regulation wichtigen Regionen des Gehirns die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen durch diesen Botenstoff. Das Gen, das die Bildung des DAT-Proteins codiert, liegt beim Menschen in verschiedenen Varianten vor. Die untersuchte Gen-Ausprägung führt nun dazu, dass auf der Oberfläche der Nervenzellen weniger DAT-Proteine ausgebildet werden und somit die Signalübertragung über das Dopamin sehr effizient verläuft. Die Autoren der Studie haben herausgefunden, dass Probanden mit dieser Gen-Variante nach einer Nacht ohne Schlaf ein höheres Schlafbedürfnis aufweisen und in der Erholungsnacht tiefer schlafen als Versuchspersonen, die mehr DAT-Proteine ausbilden.
Interessant ist auch der folgende Befund: Die Probanden mit weniger DAT-Proteinen und einer effizienten Dopamin-Übertragung reagieren nicht nur stärker auf den Schlafentzug, sondern auch auf Stimulanzien wie Kaffee. Trinken sie vor der Erholungsnacht auch nur eine geringe Menge Koffein, etwa einen doppelten Espresso, schlafen sie weniger tief als ohne Stimulans. Diese Beeinträchtigung der Schlaftiefe durch Koffein wird bei den Probanden, die mehr DAT-Proteine ausbilden und damit die Übertragung durch das Dopamin abbremsen, nicht beobachtet. „Dopamin ist maßgeblich an der homöostatischen Regulation des Schlafs und ebenfalls an der Störung der Schlaftiefe durch Koffein beteiligt“, fasst Landolt zusammen. Diese Erkenntnisse können womöglich Grundlagen für neuartige Therapien liefern, um schwierig zu behandelnde Schlaf-Wachstörungen etwa bei Patienten mit Parkinson’scher Krankheit zu behandeln – die Krankheit ist durch den Verlust von Zellen im Gehirn, welche Dopamin produzieren, gekennzeichnet. Und: Auch das Verständnis für die individuell stark unterschiedlichen Störungen des Schlafs durch Stimulanzien und Koffein kann verbessert werden. Originalpublikation: Dopaminergic role in regulating neurophysiological markers of sleep homeostasis in humans Sebastian C. Holst et al.; The Journal of Neuroscience, doi: 10.1523/JNEUROSCI.4128-13.2014; 2014