Viel wird über Depressionen der Mutter nach der Entbindung berichtet, doch auch viele Väter sind betroffen. Präzise Zahlen gibt es noch nicht: Rund 8% sind es einer kanadischen Studie und 21% einer finnischen Studie zufolge. Welche Faktoren eine Depression des Vaters begünstigen, untersuchte jetzt ein Forscherteam.
Der Vater schützt Mutter und Kind. Er versorgt sie und hilft dem Kind, den Weg aus der engen Zweierbeziehung mit der Mutter zu finden. Der Vater zeigt dem Kind die Welt. Das ist ein ideales Bild. Doch was, wenn der Vater selbst beeinträchtigt ist?
Viele Väter leiden unter der engen Mutter-Kind-Symbiose nach der Entbindung und nicht wenige werden depressiv. Dann fallen sie aus. Und das hat Einfluss auf die Partnerschaftsbeziehung und auf die Beziehung zum Kind. Studien haben gezeigt, dass emotionale Störungen von 7-jährigen Kindern unter anderem mit einer Depression des Vaters nach der Geburt zusammenhängen. Die kanadische Psychologin Francine de Montigny und ihre Kollegen interessierten sich für die Frage, welche Faktoren dazu führen, dass ein Vater eine postpartale Depression entwickelt. Sie suchten in Elternkursen nach geeigneten Teilnehmern und konnten schließlich die Daten von 205 Vätern auswerten. Die Autoren verwendeten für ihre Untersuchung unter anderem folgende Messinstrumente:
Es stellte sich heraus, dass 17 Väter (8,2%) der 205 Teilnehmer an einer postpartalen Depression litten. 188 Väter (91,8%) wiesen Werte von unter 10 Punkten im EPDS auf, galten also als nicht depressiv. Die Kinder waren durchschnittlich 11 Monate alt (8–14 Monate). Alle Kinder sind mindestens 6 Monate lang hauptsächlich gestillt worden. Für etwa die Hälfte der Väter war es das erste Kind. Jeder 5. Vater hatte zuvor schon einmal ein Baby infolge von Fehlgeburt bei der Partnerin verloren. Die Depression äußerte sich bei den Vätern ähnlich wie bei betroffenen Müttern: Die Väter litten unter Ängstlichkeit, Reizbarkeit, Schuldgefühlen oder der quälenden Angst, dem Baby etwas anzutun.
Depressive Väter gaben eine schlechtere Beziehung zur Kindsmutter an als nicht-depressive Väter (M = 56,65 vs. M = 66,26, p ≤ 0,0001). Auch fühlten sich die depressiven Männer als Väter weniger „effektiv“ als die nicht-depressiven Männer (M = 7,47 vs. M = 8,36, p ≤ 0,0001). Sowohl die depressiven als auch nicht-depressiven Väter waren in der Beziehung zu ihrem Kind sehr engagiert. Depressive Väter fühlten sich sozial genauso gut unterstützt wie nicht-depressive. Was jedoch auffiel: Depressive Väter hatten in der Vergangenheit relativ häufig bereits ein Kind durch eine Fehlgeburt verloren (41,2% vs. 20,2%, p = 0,05). Auch das Empfinden, dass das Elternsein stressig ist, z.B. weil das Kind viel schreit, ist bei den depressiven Vätern stärker als bei den nicht-depressiven Vätern (M = 31,53 vs. M = 23,29, p ≤ 0,0001). Hier könnten Kurse helfen, die das Verstehen zwischen Eltern und Kind fördern, wie z.B. der Kurs „SAFE®“ („Sichere Ausbildung für Eltern“) des Bindungsforschers Karl Heinz Brisch. Fazit: Bei der Geburt den Vater nicht vergessen. Während Ärzte, Hebammen und Pflegepersonal bereits darauf achten, ob die Mutter eine postpartale Depression entwickelt, leidet der Vater eher unbemerkt. Hier gilt es, die Väter stärker in den Blick zu nehmen. Da Depressionen durch Missverständnisse in der Eltern-Kind-Beziehung begünstigt werden können, sind spezielle Kurse zur Stärkung der Eltern-Kind-Bindung empfehlenswert.