Rund 300.000 Patienten leiden allein in Deutschland an Vorhofflimmern. Zur Embolieprophylaxe erhalten sie unter anderem Acetylsalicylsäure. Jetzt kritisieren Forscher, ASS werde zu freizügig eingesetzt, ohne Nutzen und Risiken abzuwägen.
Vorhofflimmern ist eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen und äußert sich oft in Form unspezifischen Beschwerden wie Müdigkeit, Leistungsabfall oder Schlaflosigkeit. Die Prävalenz erhöht sich mit zunehmendem Lebensalter. Kardiologen versuchen mit pharmakologischen und medizinischen Strategien, die Rhythmusstörung selbst in den Griff zu bekommen. Bei anhaltenden Beschwerden verschreiben sie zur Embolieprophylaxe Antikoagulanzien wie Cumarin-Derivate oder Acetylsalicylsäure (ASS), um das Schlaganfallrisiko zu minimieren.
In einer aktuellen Arbeit berichtet Gregory Y.H. Lip vom University of Birmingham Centre for Cardiovascular Sciences, City Hospital, Birmingham, ASS sei als Medikation in vielen Fällen überflüssig. Er stützt sich auf Daten von rund 3.100 Patienten des EurObservational Research Programmes (EORP) der European Society of Cardiology. Die gute Nachricht: Immerhin erhalten 72 Prozent aller Patienten mit mehreren Risikofaktoren Vitamin-K-Antagonisten. Weiteren acht Prozent verordnen Ärzte moderne Antikoagulanzien – und der positive Trend der letzten zehn Jahre setzt sich fort. Ältere Patienten bekämen aber nach wie vor zu oft ASS, kritisiert Lip in seiner Veröffentlichung.
Laut aktuellen Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) ist eine Medikation nicht immer erforderlich, sollte es keine zusätzlichen Risikofaktoren geben. Weisen Kardiologen einen oder sogar mehrere Risikofaktoren nach, rät die ESC ohnehin zu Vitamin-K-Antagonisten beziehungsweise Präparaten der neueren Generation. Plättchenhemmer wie ASS oder Clopidogrel verlieren in der Praxis mehr und mehr an Bedeutung. Sie verringern das Schlaganfallrisiko nur geringfügig – bei gleichzeitig höherem Blutungsrisiko, kritisiert die ESC in ihrer Leitlinie.