Bei Neurofibromatose Typ 2-Patienten liegen offensichtlich Störungen in der Kommunikation von Nervenfasern und den sie umgebenden sogenannten Schwannzellen vor. Forscher haben nun erstmals solche Defizite im neuronalen Informationsaustausch beschrieben.
Die Neurofibromatose Typ 2 (NF2) ist eine erbliche Erkrankung, der eine fehlerhafte Bildung des Eiweißstoffes Schwannomin zugrunde liegt. NF2-Patienten entwickeln Tumoren im Nervensystem, insbesondere ausgehend von den sogenannten Schwannzellen. Das sind Zellen, deren Aufgabe es ist, die Nervenfasern zu umhüllen und zu schützen. „Am häufigsten betroffen sind die Hörnerven, sodass die meisten NF2-Patienten ertauben. Zusätzlich entwickeln viele Patienten fortschreitende Nervenschäden, die nicht ohne weiteres auf Tumore zurückzuführen sind und zu Muskelschwäche und Gefühlsstörungen führen“, sagt Prof. Dr. Christian Hagel, stellvertretender Leiter des Instituts für Neuropathologie. Jährlich erkranken etwa 2.500 Menschen in Deutschland an NF2, eine Heilung ist derzeit nicht möglich. In der vorliegenden Studie konnten die Wissenschaftler erstmals zeigen, dass bei NF2 der Informationsaustausch zwischen Nervenfasern und Schwannzellen, der für die Entwicklung und Funktion der Nerven unabdingbar ist, gestört ist. Ursache dieser Fehlfunktion sind die Nervenfasern, die bei NF2-Patienten weniger von dem Signalstoff Neuregulin-1 enthalten. Vermutlich als Reaktion auf die schwachen Signale der Nervenfasern zeigen Schwannzellen eine vermehrte Produktion des Neuregulin-1-Rezeptors, der Einfluss auf die Differenzierung und das Wachstum der Zellen hat. „Die in der Studie nachgewiesenen Störungen könnten sowohl zum Verfall der Nervenfasern selbst beitragen und somit für die fortschreitende Nervenschädigung verantwortlich sein als auch über die gesteigerte Produktion des Neuregulin-1-Rezeptors in den Schwannzellen bei der Tumorentstehung eine Rolle spielen“, sagt Dr. Helen Morrison aus Jena. Weitere Studien sollen hier neue Aufschlüsse geben. Die Forschungsergebnisse wurden von den beiden Arbeitsgruppen zunächst unabhängig voneinander im Modell sowie an Gewebeproben von Patienten erhoben und später in enger Kooperation zusammen weitergeführt. Originalpublikation: Neuronal merlin influences ERBB2 receptor expression on Schwann cells through neuregulin 1 type III signalling Christian Hagel et al.; Brain, doi: 10.1093/brain/awt327; 2013