Greifen und fühlen wie mit einer echten Hand: Forscher haben Elektroden für den Oberarm entwickelt, die Menschen mit Amputationen beim Greifen helfen. Diese wurden testweise einem Patienten eingesetzt – mit überraschenden Ergebnissen.
Die Ergebnisse stellt der Freiburger Mikrosystemtechniker Prof. Dr. Thomas Stieglitz gemeinsam mit einer internationalen Forschungsgruppe im Projekt LifeHand2 in der Fachzeitschrift „Science Translational Medicine“ vor.
In einer Operation setzten Ärzte einem Patienten mit einer Unterarmamputation jeweils zwei hauchdünne Elektroden direkt in den Ulnar- und Median-Nerv im Oberarm ein. Diese übertragen mit elektrischen Impulsen Sensordaten der künstlichen Hand über das periphere Nervensystem direkt ins Gehirn. Sie geben dem Patienten Informationen über Form und Beschaffenheit der Objekte, die er greift – auch wenn er diese nicht sehen kann. Ohne viel Training und für die Forscher überraschend schnell war der Patient in der Lage, seine künstliche Hand zu steuern. Mit verbundenen Augen konnte er Gegenstände wie einen Plastikbecher, eine Mandarine oder einen schweren Holzwürfel erfühlen und mit der richtigen Kraft präzise greifen. Die Verbindung von Technik und biologischem System funktionierte praktisch intuitiv.
Thomas Stieglitz, Inhaber der Professur für Biomedizinische Mikrotechnik am Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg, hat die eingesetzten Elektroden entwickelt. „Unsere Forschung hilft Amputierten, ihre Prothesen ganz natürlich zu bewegen. Als Ingenieur ist es immer ein ganz besonderer Moment, wenn technische Entwicklungen nach vielen Jahren im Labor erstmals erfolgreich einem Patienten eingesetzt werden“, so der Forscher. Da es sich um einen ersten Test handelt, mussten die Elektroden aufgrund der europäischen Rahmenvorgabe für Medizinprodukte nach 30 Tagen entfernt werden. Weitere Studien sind an Patienten in Rom, Lausanne und Aalborg geplant. Originalpublikation: Restoring Natural Sensory Feedback in Real-Time Bidirectional Hand Prostheses Thomas Stieglitz et al.; Science Translational Medicine, doi: 10.1126/scitranslmed.3006820, 2014