Dass Ärzte schlechte Zensuren in vielen Fällen nicht zu fürchten haben, fanden nun Wissenschaftler in einer aktuellen Studie heraus. Rund 80 Prozent der Ärzte wurden sehr gute oder gute Leistungen bescheinigt – vor allem Allgemeinmedizinern, Internisten und Urologen.
Nach dem Arztbesuch gleich einmal via Smartphone eine Bewertung posten: Immer mehr Patienten folgen diesem Trend. Besonders häufig lobten sie kurze Wartezeiten, straff organisierte Praxen, freundliche Angestellte und kompetente, einfühlsame Kollegen. Zu diesem Ergebnis kamen vor einiger Zeit bereits Wissenschaftler, die Zensuren des „vdek-Arztlotsen“ unter die Lupe nahmen.
Dass mehr und mehr Patienten entsprechende Portale nutzen, liegt aber nicht nur am Social-Media-Boom, sondern auch am Schutz der Mitglieder. Beispielsweise hatte eine Kinderärztin gegen jameda erfolglos auf Herausgabe von Userdaten geklagt, nachdem ihre medizinische und soziale Kompetenz infrage gestellt worden war. Das Landgericht lehnte in einem Urteil vom 3. Juli 2013 entsprechende Forderungen ab. Juristen argumentierten mit dem Telemediendienstgesetz: „Auf Anordnung der zuständigen Stellen darf der Diensteanbieter im Einzelfall Auskunft über Bestandsdaten erteilen, soweit dies für Zwecke der Strafverfolgung (...) erforderlich ist“, heißt es dazu im Paragraphen 14. Dieser Punkt sei laut Urteil des Landgerichts aber nicht zutreffend.
Show-Down, Teil zwei: Am 6. Dezember 2013 bestätigte das Landgericht Kiel die Zulässigkeit von Bewertungsportalen. Ein Gynäkologe, User hatten ihn mit der der Note 4,4 abgestraft, war vor den Kadi gezogen. In diesem Fall argumentierten Richter sogar mit Grundrechten wie der freien Meinungsäußerung gemäß Artikel 5 des Grundgesetzes. Auch hätte die Öffentlichkeit Interesse an „kritischen und unabhängigen Bewertungen“. Bei entsprechenden Postings handele es sich, so die Richter weiter, um „Meinungsäußerungen und nicht um Tatsachenbehauptungen“. Allerdings dürfe die „Grenze zur Schmähkritik“ nicht überschritten werden – inklusive Verletzung der Persönlichkeitsrechte. Das sei bei einer reinen Notenbewertung aber nicht der Fall.
So oder so machen sich viele Ärzte völlig zu Unrecht Gedanken, berichten Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg im „Journal of Medical Internet Research“. Martin Emmert und Florian Meier haben entsprechende Daten des Portals jameda untersucht. Sie werteten 127.192 Einträge von 107.148 Patienten zu 53.585 Medizinern verschiedener Fachrichtungen aus. Knapp jeder zweite Kollege, der online zu finden war, hatte nur eine einzige Bewertung. Bei weniger als zwei Prozent waren zehn oder mehr Einträge zu finden. Die meisten Zensuren kamen von Patientinnen (60 Prozent), wobei Frauen und Männer vergleichbare Einträge veröffentlichen. Jeder zweite User ließ sich der Altersgruppe von 30 bis 50 Jahren zuordnen. Rund 83 Prozent waren gesetzlich krankenversichert. Nach Facharztgruppen aufgeschlüsselt, standen Orthopäden an erster Stelle des Interesses (59,2 Prozent), gefolgt von Dermatologen (53,6 Prozent), Gynäkologen (56,9 Prozent), Mund-, Kiefer-und Gesichtschirurgen (56,5 Prozent), Neurochirurgen (55,4 Prozent), HNO-Ärzten (53,6 Prozent) und Urologen (51,0 Prozent). Augenärzte, Pädiater, Hausärzte oder Internisten wurden weitaus seltener bewertet. Prozentuale Angaben beziehen sich auf die Zahl an entsprechenden Fachärzten in Deutschland. Rund 80 Prozent bescheinigten Kollegen sehr gute oder gute Leistungen – vor allem Allgemeinmedizinern, Internisten und Urologen. Etwas schlechter schnitten Augenärzte, Hautärzte oder Orthopäden ab. Ärztinnen bekamen generell bessere Noten als Ärzte. Ältere oder privat versicherte Patienten vergaben ebenfalls wohlwollendere Zensuren, schreiben die Autoren. Von Shitstorm kann also nicht die Rede sein - eher von einer milden Sommerbrise.