Enzalutamid wird bei metastasiertem Prostatakrebs eingesetzt, wenn die übliche Hormonblockade nicht mehr wirkt und bereits mit dem Zytostatikum Docetaxel behandelt wurde. Nun gibt es Hinweise für einen Zusatznutzen bei Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs.
Im November 2013 hatte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Rahmen einer frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) dem neuen Wirkstoff einen Zusatznutzen gegenüber der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegten zweckmäßigen Vergleichstherapie attestiert. Wegen unzureichender Daten blieb es jedoch bei einem Anhaltspunkt, der zudem bei Patienten mit viszeralen Metastasen, also Absiedlungen an inneren Organen, nur das Ausmaß „beträchtlich“ erreichte. Auf der Basis von Daten, die der Hersteller im Stellungnahmeverfahren beim G-BA nachgereicht hat, kommt das Institut nun in einem Addendum zu einem anderen Ergebnis: In der Patientengruppe ohne viszerale Metastasen gebe es einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen. Bei Patienten mit viszeralen Metastasen liegt ein Anhaltspunkt für einen erheblichen Zusatznutzen vor.
Metastasierter Prostatakrebs ist nicht heilbar; eine Therapie kann aber beispielsweise die Beschwerden lindern. Eine solche palliative Therapie, die an die individuellen Bedürfnisse der Patienten angepasst ist, wird als „Best Supportive Care“ (BSC) bezeichnet. Der Nutzenbewertung lagen Daten aus der Zulassungsstudie AFFIRM zugrunde, in der Enzalutamid (Handelsname Xtandi) mit BSC gegen BSC allein getestet wurde. Unklar blieb zunächst, ob die Patienten in der Studie durchgehend eine adäquate Schmerzbehandlung erhielten und damit die Kriterien für BSC erfüllt waren. Wegen dieser Unsicherheit ließen sich aus dem Herstellerdossier höchstens Anhaltspunkte ableiten. Die im Dezember 2013 nachgereichten Studiendaten beheben dieses Manko: Der Hersteller konnte zeigen, dass die Schmerztherapie durchgängig individuell optimiert, die zweckmäßige Vergleichstherapie also korrekt umgesetzt wurde. Für die Gruppe der Patienten ohne viszerale Metastasen ergibt sich damit anstelle eines Anhaltspunkts ein Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen des neuen Wirkstoffs gegenüber BSC.
Für Patienten mit viszeralen Metastasen ließ sich aus den ursprünglichen Studiendaten kein signifikanter Zugewinn an Überlebenszeit ableiten, wohl aber ein Vorteil bei der Morbidität. Das Ausmaß des Zusatznutzens für diese Patientengruppe war auf Basis dieser Daten allerdings nicht „erheblich“, sondern nur „beträchtlich“. Im ursprünglichen Dossier waren die Angaben zu den Nebenwirkungen nicht bewertbar. Die nachgereichten Unterlagen ermöglichen jetzt eine Beschreibung der Unterschiede in den Nebenwirkungen der Therapiealternativen. Daraus scheint sich ein erheblicher Vorteil von Enzalutamid gegenüber BSC bei den schwerwiegenden und schweren unerwünschten Ereignissen bei Patienten mit und ohne viszerale Metastasen zu ergeben. So mussten beispielsweise starke Schmerzmittel, die häufig mit schweren Nebenwirkungen einhergehen, weniger oft eingesetzt werden als bei reiner BSC. Damit erhöht sich auch das Ausmaß des Zusatznutzens für Patienten ohne viszerale Metastasen auf „erheblich“.
In der Gesamtschau ergibt sich für Patienten ohne Absiedlungen an inneren Organen aufgrund der verbesserten Aussagesicherheit bei der Umsetzung der Vergleichstherapie ein Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen des neuen Wirkstoffs. Für Patienten mit viszeralen Metastasen stellt das Institut nun wegen quantifizierbarer Angaben zu den Nebenwirkungen einen Anhaltspunkt für einen höheren, nämlich ebenfalls erheblichen Zusatznutzen fest.