Schwarzer Hautkrebs ist gefährlich, weil er Absiedlungen in lebenswichtigen Organen bilden kann. UV-Strahlung gilt als wichtigster Auslösefaktor. Forscher zeigten nun, dass Sonnenbrände durch entzündliche Prozesse im umgebenden Gewebe zur Krankheitsentstehung beitragen.
Nach Vorhersagen des Robert-Koch-Instituts erkranken 2014 etwa 20.000 Menschen in Deutschland an einem malignen Melanom. Mehr als 2.500 Betroffene werden an Tochtergeschwülsten in inneren Organen, den Metastasen, sterben. „Die Entzündungsreaktion der Haut nach starker Sonnenexposition begünstigt die frühe Auswanderung entarteter Pigmentzellen entlang von Gefäßen in das Körperinnere“, sagt Prof. Dr. Thomas Tüting, Professor für Experimentelle Dermatologie am Universitätsklinikum Bonn und Leiter der Studie.
Um die Entstehung und frühzeitige Absiedelung von entarteten Pigmentzellen zu verstehen, haben die Forscher experimentelle Modelle in der Maus entwickelt, mit denen sich auch die Wirkung von UV-Strahlen untersuchen lässt. „Immer wieder haben wir in UV-bestrahlten Mäusen vermehrt Melanommetastasen in der Lunge beobachtet“, berichtet die Dermatologin Dr. Evelyn Gaffal. In Gewebsschnitten fiel auf, dass sich Melanomzellen in entzündeter Haut häufig auf der Oberfläche von Blutgefäßen ausbreiten. Mit Hilfe der Fluoreszenz- und Elektronenmikroskopie fanden die Forscher eine enge Beziehung zwischen Melanomzellen, Zellen der inneren Blutgefäßwände und Immunzellen, vor allem den neutrophilen Granulozyten. Weitere Experimente ergaben, dass neutrophile Granulozyten eine wichtige Rolle bei der Metastasierung spielen. Sie werden durch Alarmsignale angelockt, die UV-geschädigte Zellen in der Oberhaut aussenden. Mit Hilfe von speziellen Mausstämmen, denen wichtige Moleküle für die Aktivierung der angeborenen Immunabwehr fehlen, konnten die beteiligten Signalwege aufgeklärt werden. Die Aufnahme von UV-bestrahltem, entzündetem Hautgewebe zeigt grün fluoreszierende Melanomzellen, die sich auf rot fluoreszierenden Blutgefäßoberflächen ausbreiten. © Tobias Bald/UKB
Im LIMES-Institut der Universität Bonn entwickelten die Forscher neue experimentelle Methoden, um die Interaktion zwischen Melanomzellen und den Endothelzellen zu untersuchen. Dabei beobachteten sie, dass sich Melanomzellen auf Blutgefäßoberflächen besonders effektiv fortbewegen können. „Die Beweglichkeit von Melanomzellen nimmt in einer entzündlichen Umgebung zu“, sagt Prof. Dr. Waldemar Kolanus. Weitere Untersuchungen mit menschlichen Melanomzellen und modernen genomischen Methoden klärten auf, wie entzündliche Botenstoffe die Melanomzellen zur Wanderung anregen. „Die Vorläufer von Pigmentzellen legen während der embryonalen Entwicklung weite Strecken entlang von Blutgefäßen im Körper zurück, um an ihren richtigen Platz in der Haut zu kommen. Genau diese abgeschalteten Programme werden durch eine Entzündung fälschlicherweise wieder aktiviert“, sagt Prof. Dr. Michael Hölzel vom Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie des Universitätsklinikums Bonn.
„Jetzt wissen wir vielleicht auch, warum Patienten mit oberflächlich geschwürig veränderten und von neutrophilen Granulozyten durchsetzten Melanomen besonders häufig Organmetastasen entwickeln“, sagt Prof. Tüting. Die Forscher hoffen, in Zukunft neue Therapieformen zu entwickeln, die gezielt in Signalkaskaden der Entzündung eingreifen und die Wanderung von Melanomzellen auf Blutgefäßoberflächen hemmen. Originalpublikation: Ultraviolet radiation-induced inflammation promotes angiotropism and metastasis in melanoma Tobias Bald et al.; Nature, doi: 10.1038/nature13111; 2014