Verglichen mit jungen Menschen lagert sich bei älteren deutlich mehr Fett in der Bauchgegend an. Mediziner haben nun womöglich die Ursache dafür gefunden: Eine neu entdeckte Art von Makrophagen greift in den Stoffwechsel ein und verhindert den Fettabbau.
Ältere Menschen haben in der Regel mehr Fett „auf den Hüften“, selbst wenn sie nicht übergewichtig sind. Grund ist, dass bei ihnen der Fettabbau in der Bauchgegend gestört ist: Wenn ihr Körper Energie benötigt, werden die dort befindlichen Fettspeicher nur sehr unzureichend angezapft. Warum das so ist, war bislang unbekannt. Mediziner und Immunolgen der Yale Universität sind dieser Frage jedoch nun in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Bonn einen wichtigen Schritt näher gekommen. Dazu haben sie das Fettgewebe von Labormäusen unter die Lupe genommen. Auch die Nager bauen im Alter Fett nur noch unzureichend ab. Viszerales Fett erhöht das Risiko für Diabetes oder Schlaganfälle.
Als Auslöser hatte die Gruppe aus Yale einen bestimmten Zelltyp im Bauchfett von Mäusen im Verdacht, eine neue Art von Makrophagen. Makrophagen sind Leukozyten, die unter anderem bei der Vernichtung von Krankheitserregern eine wichtige Rolle spielen. Die US-Forscher hatten entdeckt, dass auch im Fettgewebe derartige Makrophagen sitzen, und zwar stets in der Nähe von Nervenzellen. Wenn Mäuse Hunger leiden, produzieren diese Nervenzellen Botenstoffe, die die Fettverbrennung stimulieren. Die Wissenschaftler vermuteten, dass die Makrophagen in diesen Kommunikationsweg eingreifen. Wie genau, wussten sie jedoch nicht.
Um diese Frage zu beantworten, isolierten sie aus den Makrophagen im Bauchfett das so genannte Transkriptom, welches sämtliche aktive Gene einschließt. Diesen Schritt führten sie sowohl bei jungen als auch bei alten Tieren durch, die sie zuvor auf Diät gesetzt hatten. „Wir haben diese Daten analysiert“, erklärt Prof. Dr. Joachim Schultze vom Life & Medical Sciences Institut (LIMES) der Universität Bonn. „Wir konnten so herausfinden, welche Gene sich hinsichtlich ihrer Aktivität in den alten und jungen Tieren unterscheiden. Darunter mussten auch die Erbanlagen sein, die für den verlangsamten Fettstoffwechsel im Alter verantwortlich sind.“
Eine derartige Analyse ist sehr aufwändig, da die Aktivitätsunterschiede äußerst klein sein können. Zudem liefert ein Transkriptom-Vergleich in der Regel zahllose Kandidatengene, die weiter untersucht werden müssen. „Aufgrund unserer immunologischen Expertise konnten wir die Zahl jedoch erheblich eingrenzen“, erklärt der Wissenschaftler der Universität Bonn. Mit diesem Wissen konnten die Forscher zeigen, auf welche Weise die Makrophagen in den Fettstoffwechsel eingreifen: Bei Hunger schütten die Nervenzellen im Bauchfett den Neurotransmitter Noradrenalin aus und kurbeln so den Fettabbau an. Im Alter schalten jedoch die Makrophagen permanent in eine Art Entzündungsmodus um. Dadurch produzieren sie unter anderem vermehrt ein Enzym namens Monoaminoxidase (MAOA). Es zerstört wiederum das Noradrenalin – die Mäuse können das gespeicherte Fett nicht mehr abbauen.
Bislang gelten diese Ergebnisse nur für Mäuse. Die Forscher vermuten aber, dass es beim Menschen einen analogen Mechanismus gibt – eine These, der sie momentan nachgehen. Falls sie stimmt, eröffnen sich auch neue therapeutische Optionen: Interessanterweise wird MAOA nämlich durch manche Antidepressiva gehemmt. „Theoretisch könnte man diese Medikamente einsetzen, um den Stoffwechsel älterer Menschen zu verbessern“, erläutert Prof. Dixit von der Yale Universität. Der Text basiert auf einer Pressemitteilung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Quelle: Inflammasome-driven catecholamine catabolism in macrophages blunts lipolysis during ageing. Christina D. Camell et al., Nature, doi: 10.1038/nature24022; 2017