Die für die Alzheimer-Krankheit verantwortlichen Tau-Proteine binden an das Faltungsprotein Hsp90. Welche molekularen Anlagerungsmechanismen dabei eine Rolle spielen, konnten Wissenschaftler nun aufklären. Damit ergeben sich neue Ansatzpunkte für die Behandlung von Morbus Alzheimer.
Proteine, wie das sogenannte Hitzeschockprotein Hsp90, spielen eine wichtige Rolle bei fast allen Prozessen in menschlichen Zellen. Sie helfen dabei, andere Proteine in ihre dreidimensionale Form zu falten oder geschädigte Proteine wieder in die korrekte Form zurück zu bringen. In letzter Zeit hatten sich die Hinweise darauf verdichtet, dass das Hitzeschock-Protein Hsp90 auch an Faltungsprozessen des Tau-Proteins beteiligt ist. Ablagerungen von Tau-Proteinen in Gehirnzellen sind typisch für Morbus Alzheimer und werden für das Absterben von Nervenzellen verantwortlich gemacht. Doch während das Tau-Protein in Lösung eher einer lang gestreckten Kette gleicht, bindet das HSP90 bevorzugt bereits gefaltete Proteine. Diesen Widerspruch konnte jetzt ein internationales Team um Dr. Tobias Madl, BioSysNet Nachwuchsgruppenleiter und TUM Junior Fellow an der Technischen Universität München und Leiter der Emmy Noether Arbeitsgruppe Strukturbiologie der Signaltransduktion am Institut für Strukturbiologie am Helmholtz Zentrum München sowie Prof. Stefan Rüdiger von der niederländischen Universität Utrecht aufklären.
Mit einer Kombination verschiedenster Methoden, wie Kernresonanzspektroskopie, Röntgenkleinwinkelstreuung und Computer-Modellierung, gelang es ihnen, Dynamik und Struktur der Biomoleküle zu bestimmen. Daraus konnten sie ableiten, wie Hsp90 das Tau-Protein erkennt und an sich bindet: Für das Hsp90 sieht das Tau-Protein wie ein vorgefaltetes größeres Protein aus. Diese Proteinstruktur gibt auch Aufschluss darüber, wie Hsp90 die Aggregation von Tau-Proteinen miteinander beeinflusst. NMR/SAXS Strukturmodell des Hsp90-Tau Proteinkomplexes (Hellblau - Hsp90, Orange - Tau) © Bild: Tobias Madl / TUM/HMGU „Ablagerungen von Tau-Proteinen können die Alzheimer-Krankheit verursachen. Wir haben diejenige Proteinregion entdeckt, an der die Proteine interagieren. Dies ist ein neuartiger und wichtiger Ansatzpunkt, um die Strukturbildung zu beeinflussen und daraus künftige Therapien zu entwickeln.“ erklärt Madl. Neben Morbus Alzheimer werden weitere neurodegenerative Erkrankungen durch Proteinaggregationen verursacht. Auch bei der Entstehung von Krebs und Cystischer Fibrose spielen die Chaperone eine Rolle. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse liefern daher wichtige Grundlagen für ein besseres Verständnis der Krankheitsmechanismen. Originalpublikation: Hsp90-Tau Complex Reveals Molecular Basis for Specificity in Chaperone Action Tobias Madl et al.; Cell, doi: 10.1016/j.cell.2014.01.037; 2014