Nahrungsergänzungsmittel für stillende Mütter enthalten oft zu viel des Guten. Das ergaben stichprobenartige Untersuchungen der Verbraucherzentrale Hamburg. Apotheker würden nur in Ausnahmefällen auf Gefahren hinweisen, kritisiert eine Expertin.
Junge Eltern geben gerne viel Geld aus, damit ihr Nachwuchs gesund bleibt. In diese Kerbe schlagen Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM). „Zwischen fünf Cent und weit über einem Euro pro Tag ist alles möglich. Bei einer Stillzeit von sechs Monaten können demnach Kosten von bis zu 340 Euro beim teuersten und nur neun Euro beim günstigsten Produkt anfallen“, sagt Karin Riemann von der Verbraucherzentrale Hamburg. Kunden sind mit der preislichen Vielfalt überfordert, wissen aber auch nicht, welche NEM sinnvoll sind.
In einem Vortrag fasste Professor Dr. Hildegard Przyrembel vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wichtige Empfehlungen für Stillende zusammen:
Welche Mengen an Supplementen Frauen zusätzlich einnehmen sollten, hängt vom individuellen Speiseplan ab. Przyrembel warnt vor „hochdosierten Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen mit Überschreitung des sicheren Dosierbereichs“. Eine Untersuchung der Verbraucherzentrale Hamburg ergab jetzt, dass potenziell riskante Produkte häufiger auf dem Markt zu finden sind als bisher vermutet.
Experten nahmen 14 Produkte unter die Lupe. Die Präparate enthielten teilweise drei bis vier Mal mehr Zink als von Fachgesellschaften empfohlen wird. Größere Mengen führen zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Selen und Folsäure überschritten den Rahmen des wissenschaftlich Sinnvollen ebenfalls deutlich. Langfristik kann das Spurenelement zur Selenose mit Übelkeit, Müdigkeit, Muskelschwäche und Durchfall führen. Folsäure-Vergiftungen treten eher selten auf. Hier werden Symptome wie Depressionen und epileptische Anfälle genannt. Die Einnahme von Multivitaminen sei generell nicht sinnvoll, weil zu unspezifisch und damit wirkungslos. Haben Ärzte tatsächlich einen Mangel diagnostiziert, verordnen sie gezielt ein hochdosiertes Monopräparat. Basis der Begutachtung waren BfR-Empfehlungen für Vitamine und Mineralien.
Suchen Verbraucher auf der Verpackung oder auf Produktseiten nach weiteren Informationen, laufen sie ins Leere. „Hier verunsichern die Hersteller eher mit blumigen Formulierungen ohne Mehrwert oder widersprüchlichen Angaben zum Nutzen über die Ernährung hinaus“, weiß Riemann. Als Beispiele nennt sie Formulierungen wie „Babywunsch. Babybauch. Babyglück“, „Für Sie, Ihr Baby und die Umwelt!“ oder „Die enthaltenen Nährstoffe decken den erhöhten Bedarf bei Kinderwunsch, in der Schwangerschaft und Stillzeit“. Dies gilt jedoch nicht nur für Produkte in Drogeriemärkten: „Selbst in Apotheken wird nur in Ausnahmefällen auf mögliche Gefahren hingewiesen“, kritisiert Riemann. Hat sie Recht?