Heerlens umstrittene Versandapotheke startet einen neuen Coup: Kunden können sich bald per Videostream auf ihrem Sofa vom Apotheker beraten lassen. Nach Rx-Boni und Apothekenbussen lotet der Konzern einmal mehr Perspektiven aus und provoziert Präsenzapotheker.
Neues von der CeBIT: Nachdem DocMorris mit Apothekenbussen für Schlagzeilen gesorgt hat, sollen Apotheker mit ihren Kunden künftig via „LiveBerater“ sprechen: ein Tool, das Audio- und Videosignale überträgt. Der Konzern aus Heerlen zitiert dazu eine Studie des Johann Heinrich von Thünen-Instituts: Ohne Auto, Bus oder Bahn erreichen weniger mobile Menschen ihre nächste Apotheke nur schwer. An und für sich keine fundamentale Erkenntnis – bleibt noch als Fazit: „Die Versorgung sieht das Institut allerdings nicht gefährdet, da die Möglichkeit bestehe, Versandapotheken zu nutzen.“ Mit Lieferungen ist es nicht getan, haben telefonische Beratungsgespräche doch eklatante Nachteile. Inhalatoren oder Insulinpens lassen sich beispielsweise auf diesem Weg schwer erklären.
DocMorris setzt deshalb auf Videokonferenzen. Kunden können vom Sofa aus mit ihrem Apotheker über Medikamente und deren Anwendung sprechen. „Mit dem LiveBerater bringen wir die persönliche Online-Beratung auf eine neue Ebene“, weiß Dirk Backofen, Leiter Marketing Geschäftskunden der Telekom Deutschland. Sein Konzern ist als technischer Partner mit im Boot und hat den „LiveBerater“ entwickelt. Backofen: „Der Kunde kann sich in privater Atmosphäre bequem informieren lassen, ohne das Haus zu verlassen.“
Das wird so ablaufen: Nach dem Login über die DocMorris-Homepage wird eine Webkonferenz gestartet. Ein Apotheker, der gerade verfügbar ist, schaltet sich zu. „Wir können unseren Apothekenkunden mit dem LiveBerater einen pharmazeutischen Beratungsservice von Angesicht zu Angesicht ermöglichen, der ihnen echten Mehrwert bietet“, sagt Olaf Heinrich, CEO von DocMorris. „Während der Beratung können zum Beispiel unterstützend erklärende Einspielfilme gezeigt werden.“
Neue Technologien haben immer einen Haken: Ist ein Bedarf wirklich da – oder hat sich das Feld nicht schon längst auseinanderdividiert? Kunden mit explizitem Beratungswunsch kontaktieren ohnehin Apotheker vor Ort, während andere ihre Arzneimittel im Web bestellen, die ohnehin keine weiteren Informationen wünschen. Am mangelnden Interesse und an ungeklärten juristischen Fragen gingen letztlich auch die CoBoxen zu Grunde: kleine Videokabinen, in denen Kunden einen Apotheker per Video zuschalten konnten.