Menschen mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) sind für Infektionen wie Varizellen, Influenza oder Pneumokokken anfälliger. Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass das speziell für das Cytomegalievirus (CMV) nicht gilt.
Im Rahmen ihrer Forschungen zur derzeit nicht heilbaren, chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) stellten die Wissenschaftler rund um Katrina Vanura und Studienleiter Christoph Steininger fest, dass CLL-Patienten vermehrt über Antikörper gegen das Cytomegalievirus (CMV) verfügen. An chronischer lymphatischer Leukämie erkranken rund 80 Österreicher jährlich; an der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie befinden sich derzeit rund 500 Patienten in Betreuung. Die Patienten sind im Schnitt 65 Jahre alt, die Erkrankung verläuft schleichend und wird oft mittels Zufallsbefund diagnostiziert. Das Cytomegalievirus (CMV) ist ein zur Gruppe der Herpesviren zählendes DNA-Virus, das rund 60 Prozent aller Menschen „schlummernd“ in sich tragen. Menschen mit intaktem Immunsystem kann CMV nichts anhaben. Bei Immunsupprimierten nach einer Transplantation, bei Menschen mit einer HIV-Erkrankung sowie Menschen, die aus einem anderen Grund über ein geschwächtes Immunsystem verfügen, kann CMV aber schwerwiegende Folgen haben: wochenlanges Fieber, erhöhte Leberwerte, bis hin zu schweren Organschäden. Steininger dazu: „CMV ist zudem auch die häufigste virale Ursache für Fehlbildungen in der Schwangerschaft seit der Einführung der Röteln-Impfung.“ Daher könnte eine präventive CMV-Impfung für werdende Mütter analog zur Immunisierung gegen Röteln eingesetzt werden, um mögliche Missbildungen oder Schädigungen beim Embryo zu verhindern.
Zwei Impfungen gegen das Cytomegalievirus befinden sich bereits in Phase-II/III-Studien. Im Zuge der aktuellen CLL-Studie konnten die Forscher zeigen, dass sich die Entwicklung des CMV-Impfstoffs auf ein richtiges Protein, nämlich auf Glykoprotein B, konzentriert. Das Immunsystem bildet bei einer Erstinfektion Abwehrfaktoren gegen eine Vielzahl von Virusproteinen, erinnert sich aber bei einer erneuten Infektion nur an eine kleine Gruppe viraler Proteine, wozu das Glykoprotein B gehört.
Im Gegensatz zu anderen Infektionen sind CMV-Erkrankungen bei CLL-Patienten von geringer Bedeutung. Das liegt wahrscheinlich daran, dass das Immunsystem das schlummernde CMV-Virus, immer wenn es aufwacht, erfolgreich bekämpft und dadurch trainiert wird. Dadurch stehen auch in fortgeschrittenen Stadien der Leukämie noch ausreichende Abwehrfaktoren zur Verfügung, um eine Erkrankung durch dieses Virus zu verhindern. Originalpublikation: Chronic Lymphocytic Leukemia Patients Have a Preserved Cytomegalovirus-Specific Antibody Response despite Progressive Hypogammaglobulinemia Katrina Vanura et al.; PLOS One , doi: 10.1371/journal.pone.0078925; 2013