Aus pflanzlicher Gerbsäure und Metallen lassen sich Mikrokapseln mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten für die Biomedizin herstellen. Die Kapseln entstehen in einem einfachen Selbstorganisationsprozess, ihre Eigenschaften können durch die Wahl der Metalle bestimmt werden.
Metalle und organische Moleküle können sich zu Koordinationsverbindungen zusammenlagern, deren Aufbau und Eigenschaften von den Bausteinen abhängen. Aus der Natur kennen wir z.B. die sauerstoffbindende Häm-Gruppe unserer roten Blutkörperchen mit ihrem zentralen Eisen-Atom oder das Herzstück der Photosynthese, einen Magnesium-Komplex. Auch Wissenschaftler haben den Verbindungstypus als Baustoff, etwa für vernetzte Gerüststrukturen, entdeckt. Das Team von der University of Melbourne, dem Baker IDI Heart and Diabetes Institute (Melbourne, Australien) und dem Universitätsklinikum Freiburg findet Gerüste in der Form hohler Kapseln besonders interessant. Jetzt konnten die Forscher um Frank Caruso sogar zeigen, dass ein einziger organischer Ligand, pflanzliche Gerbsäure, mit 18 verschiedenen Metallen zu Kapseln aus Metall-Phenol-Netzwerken (MPN) koordinieren kann, nämlich mit Aluminium, Vanadium, Chrom, Mangan, Eisen, Kobalt, Nickel, Kupfer, Zink, Zirkon, Molybdän, Ruthen, Rhodium, Cadmium, Cer, Europium, Gadolinium und Terbium.
Die Herstellmethode ist einfach: Gerbsäure und eine Lösung des gewünschten Metallions in Anwesenheit eines geeigneten Substrats, in diesem Fall Mikropartikel, mischen. Nach Entfernen des Substrats bleiben hohle Mikrokapseln übrig. Die Eigenschaften der Kapseln hängen von der Art und Menge der eingebauten Metallionen ab. So zeigen Kapseln mit Aluminium ein Eigenschaftsprofil, das sich für den Wirkstofftransport eignet: Während sie bei einem für Blut typischen pH-Wert relativ stabil sind, zerfallen sie nach und nach bei niedrigeren pH-Werten, die denen in bestimmten Zellkompartimenten entsprechen. Sie könnten so einen Wirkstoff durch das Blut transportieren und nach Aufnahme in eine Zelle freisetzen. Kapseln mit Europium- und Terbiumionen eignen sich für eine mehrfarbige Fluoreszenzmarkierung biologischer Proben, aber auch für technische Anwendungen wie flexible Vollfarb-Displays. Kapseln mit Mangan sind vielversprechende Kontrastmittel für die Kernspintomographie (MRT). Kapseln mit radioaktiven Kupfer-Isotopen als Tracer für die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) dienen. Um die Verteilung der Kapseln im Körper zu steuern, könnten die Eigenschaften, wie Größe, Form und Oberflächenchemie, maßgeschneidert werden. Kapseln mit radioaktivem Kupfer und Europium könnten z.B. eine PET mit anschließender Fluoreszenzmikroskopie einer Gewebeprobe ermöglichen. Auch die Katalyse ist eine mögliche Anwendung. So konnten die Forscher zeigen, dass Kapseln mit Rhodium die Hydrogenierung von Chinolin mindestens genauso gut katalysieren wie konventionelle Rhodium-Katalysatoren.