Die US-Arzneimittelbehörde hat grünes Licht für zwei Gentherapien gegeben, die Erfolge bei Krebs versprechen. Zwei Haken gibt es aber: Die Nebenwirkungen können stark sein. Außerdem handelt es sich bei den Verfahren um die teuersten, die es in dem Bereich je gab.
Beim sogenannten CAR-T-Verfahren kombinieren Ärzte die Vorteile von Gentherapien und Immuntherapien bei Krebs. Hinter dem Kürzel verbirgt sich der Begriff „Chimäre Antigen-Rezeptor-T-Zellen“: Ärzte gewinnen in einem Dialyse-ähnlichen Verfahren, der Leukapherese, T-Zellen aus dem Blut von Patienten. Im Labor schleusen sie mit Lentivirus-Vektoren neue Erbinformationen ein. Diese richten sich gegen spezifische Oberflächenantigene maligner Zellen. Allein eine modifizierte T-Zelle kann 1.000 Tumorzellen zerstören. Es überrascht also nicht, dass die Forschung in diesem Bereich boomt: Mehr als 200 klinische Studien sind in der Pipeline. In zwei Fällen gab es mittlerweile Zulassungen der US Food and Drug Administration (FDA).
Bei B-Zell-akuter lymphatischer Leukämie (B-ALL) stellen Leukozyten große Mengen des Oberflächenantigens CD19 her. Das macht die weißen Blutkörperchen zur Zielscheibe genetisch veränderter T-Zellen mit starker Expression von CD19-Rezeptoren. Laut der multizentrischen Phase-II-Studie ELIANA profitieren vor allem Patienten mit therapieresistenter B-ALL vom neuen Verfahren. Forscher rekrutierten 88 Patienten zwischen drei und 27 Jahren, bei denen First-Line-Therapien versagt hatten oder bei denen es zu einem Rezidiv gekommen war. Aus unterschiedlichen Gründen konnten nur 63 eingeschlossen werden: Manche Patienten starben vor Beginn, bei anderen gelang es nicht, geeignete Zellen zu produzieren. Durch CAR-T-Therapien erreichten rund 83 Prozent) eine Remission, die bei 63 vollständig war. Nach einem Jahr lebten noch 80 Prozent aller Teilnehmer. Den Autoren zufolge wären es bei dieser Gruppe ansonsten nur 20 bis 40 Prozent gewesen. Auf Basis entsprechender Daten wurde das personalisierte Arzneimittel Tisagenlecleucel im August zugelassen.
Mitte Oktober folgte eine FDA-Zulassung für Axicabtagen Ciloleucel bei bestimmten Formen des Non-Hodgkin-Lymphoms. Auch hier sind CD19-Antigene Ziel des Angriffs. Bei der ZUMA-1-Studie mit 101 Patienten sprachen 72 Prozent auf die Therapie an. Bei 51 Prozent wurde sogar eine komplette Remission erzielt. Ob es tatsächlich zur Heilung gekommen ist, lässt sich angesichts der kurzen Nachbeobachtungszeit von unter acht Monaten noch nicht sagen.
Das erfolgreiche Wirkprinzip hat auch seine Kehrseite. Mitunter kommt es zum Zytokinsturm. Bei dieser potenziell lebensgefährlichen Nebenwirkung verstärken sich Immunreaktionen von selbst. Betroffene müssen intensivmedizinisch behandelt werden. Dass nur zehn bis 15 Kliniken in den USA künftig CAR-T-Therapien durchführen, hat aber andere Gründe: Nur wenige Einrichtungen verfügen über geeignete Labors, um transgene Zellen zu produzieren. Denn der Aufwand hat seinen Preis: US-Berichten zufolge kostet die Behandlung mit Axicabtagen Ciloleucel 373.000, mit Tisagenlecleucel sogar 475.000 US-Dollar. Es handelt sich um die teuerste Krebsbehandlung, die es je gab. In den Staaten regt sich heftige Kritik: Beide Präparate entstammen ursprünglich Einrichtungen der öffentlichen Hand und wurden mit Steuergeldern gefördert.