Forscher haben nun die Bedeutung des Proteins c-FLIPR für das Immunsystem genauer beschrieben: Ist das Molekül im Überschuss vorhanden, können Mäuse zwar Infektionskrankheiten besser bekämpfen, entwickeln im Alter jedoch Autoimmunkrankheiten.
Durch Apoptose beseitigen sich krankhaft veränderte oder nicht mehr benötigte Zellen selbst, bevor sie für den Organismus zur Gefahr werden – auf zellulärer Ebene gehört der Tod zum Leben. Störungen dieses Vorgangs können unter anderem Krebs oder Immunschwächen zur Folge haben, aber auch Autoimmunerkrankungen, bei denen Immunzellen den eigenen Körper angreifen. Der HZI (Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung)-Wissenschaftler Prof. Ingo Schmitz und sein Team untersuchen, wie die Apoptose im Immunsystem reguliert wird. Gemeinsam mit Forschern der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und des Helmholtz Zentrums München haben sie die Bedeutung eines zentralen Proteins in diesem Geschehen aufgeklärt. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in der Zeitschrift „Cell Death & Disease“. Sogenannte c-FLIP-Proteine hemmen Prozesse, die zur Apoptose führen können. Das ist bei der Reaktion auf Krankheitserreger vorübergehend wichtig, damit sich Lymphozyten ausreichend vermehren können. Gegen Ende der Immunantwort, wenn die Lymphozyten ihre Aufgabe erfüllt und den Krankheitserreger erfolgreich beseitigt haben, wird c-FLIP normalerweise abgebaut. Dadurch wird Apoptose wieder möglich, die Lymphozyten sterben und sichern das Gleichgewicht im Immunsystem. Die HZI-Forscher interessierten sich nun für die genaue Funktion einer bestimmten Proteinvariante namens c-FLIPR. Deshalb untersuchten sie anhand von Mäusen, was passiert, wenn dieses Protein in Lymphozyten und anderen Blutzellen ständig vorhanden ist. Während der Apoptose-Hemmer in jungen Mäusen keine Auffälligkeiten verursacht, bot sich den Forschern in älteren Tieren ein anderes Bild: „Die Zusammensetzung der Lymphozyten war deutlich verändert“, sagt Schmitz. „Darüber hinaus waren die Immunzellen stark aktiviert.“ Entzündetes Lungengewebe mit eingewanderten Immunzellen, deren Zellkerne blau angefärbt wurden. © HZI/Pils Im Körper ist die Überaktivierung deutlich zu erkennen. So fanden die Forscher Immunmoleküle, die das eigene Gewebe angreifen, sogenannte Autoantikörper, in den Nieren und der Lunge. In den Nieren entdeckten sie zudem schädliche Proteinablagerungen. Auch die Veränderungen im Lungengewebe deuten darauf hin, dass das Immunsystem den eigenen Körper angreift, wenn c-FLIPR übermäßig vorhanden ist. „Immunzellen wandern in die Lunge ein und greifen dort das Gewebe an“, sagt Schmitz. Diese Symptome beobachteten Ärzte typischerweise bei der menschlichen Autoimmunerkrankung Systemischer Lupus erythematodes. Vergangenes Jahr hatten die HZI-Wissenschaftler bereits herausgefunden, dass Zellen besser bakterielle Infektionen bekämpfen können, wenn c-FLIPR dauerhaft angeschaltet ist. Den zellulären Selbstmord zu hemmen, hat bei akuten Infektionen also positive Folgen, führt auf Dauer aber zu Autoimmunreaktionen. „c-FLIPR ist wichtig für das Gleichgewicht im Immunsystem. Möglicherweise könnte man hier mit geeigneten Wirkstoffen therapeutisch eingreifen, wenn das Immunsystem aus dem Takt gekommen ist“, sagt Schmitz. Originalpublikation: Constitutive expression of murine c-FLIPR causes autoimmunity in aged mice Ingo Schmitz et al.; Cell Death & Disease, doi: 10.1038/cddis.2014.138; 2014