Milchersatzprodukte sind im Trend. Doch wer denkt, er würde sich mit Hafer- oder Mandelmilch im Kaffee etwas Gutes tun, irrt. Was die Pflanzendrinks aus ernährungsphysiologischer Sicht können – und wo Gefahren lauern.
Mit dem Ende der Grillsaison verklingen auch die Warnungen vor Grillgut, dessen schwarze Stellen als mutagen und kanzerogen identifizierte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), heterozyklische aromatische Amine (HAA) und Acrylamid (kohlenhydrathaltige Lebensmittel) enthalten. Doch die Sicherheit ist trügerisch: Eine weitere Produktgruppe wird durch dieselben chemischen Reaktionen mit gesundheitlichen Risiken belastet wie verbrannte Brat- und Grillwaren: pflanzliche Milchalternativen. Der Grund ist die nach ihrem Entdecker benannte Maillard-Reaktion, gemeinhin auch als Bräunungsreaktion bezeichnet. Physiologen der Universitäten Kopenhagen und Brescia haben jüngst pflanzliche Milchalternativen im Hinblick auf Nährwertveränderungen und neu gebildete chemische Reaktionsprodukte als Folge der Herstellungs- und Konservierungsprozesse analysiert.
Wenngleich geschmacklich und in Bezug auf den Nährstoffgehalt wenig Gemeinsamkeiten zwischen Kuhmilch und den diversen auf Basis von Hafer, Soja, Reis oder Mandeln produzierten Pflanzendrinks bestehen, werden letztere von Herstellern als Milchersatz oder -alternativen angepriesen. Auch Konsumenten versehen die sowohl im Vergleich untereinander als auch gegenüber Milch sehr unterschiedlichen Pflanzendrinks gern mit dem „-milch“-Suffix. Doch außer der Optik ist kaum etwas milchig an den pflanzlichen Getränken. Dass auch der Gesetzgeber die Bezeichnung Milch den „durch Melken gewonnenen Erzeugnissen der normalen Eutersekretion von zur Milcherzeugung gehaltenen Tierarten“ vorbehält – die einzige Ausnahme ist Kokosmilch – sei nur am Rande angemerkt. Abgesehen von Laktoseintoleranz oder Milcheiweißallergie nennen Pflanzendrink-Konsumenten als Hauptmotivation Klima-, Umwelt- und tierethische Aspekte, was sich auch in der regional bzw. kulturell sehr unterschiedlichen Akzeptanz widerspiegelt.
Während in Deutschland und Skandinavien – zwei Regionen mit den weltweit niedrigsten Laktoseintoleranz-Prävalenzen – Pflanzendrinks die höchsten Absatzraten verzeichnen, finden sie in Ländern mit langer Milch- und Käsetradition sowie im osteuropäischen Raum wenig Anklang. Von Vermarktern und überzeugten Konsumenten werden vermeintliche gesundheitliche Benefits gern als „Gratis-Zugabe“ zur ökologischen Überlegenheit genannt. Doch während es für letztere evidente Belege gibt, wird der ernährungsphysiologische Mehrwert gegenüber der Kuhmilch nicht von belastbaren wissenschaftlichen Befunden gestützt. Immer wieder stehen die Pflanzendrinks wegen ihrer gegenüber Milch bestehenden Mikronährstoff- und Proteindefizite in der Kritik. Zwar sind die Hersteller bestrebt, diese Mankos durch Mineralstoff- und Vitaminzusätze (seltener auch Proteinextrakte) auszugleichen.
Doch das kommt bei Milchkonsumenten nicht gut an: „Warum Panschen, wenn das gehaltvolle Naturprodukt direkt aus dem Euter kommt“, lautet sinngemäß die vielfach geäußerte Überzeugung. Selbstredend kommt auch Milch nicht direkt aus dem Euter in die Supermarktregale. Doch sind die Bearbeitungsschritte bis zur fertigen Trinkmilch im Vergleich zu den Pflanzendrinks minimal. Zudem sind jegliche nicht im Naturprodukt enthaltenen Zusatzstoffe gesetzlich verboten!
Während gemolkene Rohmilch bis zum Verkauf im Handel lediglich die Schritte der Reinigung, Separierung, Homogenisierung und unterschiedlich intensiven Wärmebehandlung (Pasteurisierung/Frischmilch, Hocherhitzung/ESL-Milch, Ultrahocherhitzung/H-Milch) durchläuft, umfasst die industrielle Produktion der Pflanzendrinks viele Bearbeitungsschritte und Substanzzusätze. Ein typischer Herstellungsprozess beinhaltet das mechanische Zermahlen des jeweiligen Pflanzenmaterials, die thermische und/oder enzymatische Extraktion der enthaltenen Nährstoffe und deren Überführung in eine kolloidale Suspension, die mit Emulgatoren und Verdickungsmitteln stabilisiert und mit Wasser auf Volumen gebracht wird.
Zum Erreichen einer milchartigen Konsistenz erfolgt meist die Zugabe von Pflanzenöl. Salz, Zucker und Aromen sind optionale Zusatzstoffe zur geschmacklichen Verfeinerung. Die meisten angebotenen Pflanzendrinks werden zudem mit essenziellen Nährstoffen angereichert. In der Regel handelt es sich um Mikronährstoffe, die natürlicherweise von Kuhmilch geliefert werden und bei veganer Ernährung Mangelware sind: Kalzium, Vitamin B12, Vitamin D, Riboflavin (Vitamin B2), seltener auch Jod. Die Konservierung erfolgt fast immer durch Ultrahocherhitzung (UHT), da die insgesamt relativ niedrigen Verkaufszahlen eine möglichst lange Haltbarkeit ohne Kühlung erfordern.
Wie sich die vielen Verarbeitungsschritte und Zusatzstoffe auf den ernährungsphysiologischen Wert auswirken und ob durch die UHT-Behandlung potenziell gesundheitsgefährdende Reaktionsprodukte entstehen, war die Fragestellung einer in Food Research International publizierten dänisch-italienischen Studie. Insgesamt 10 UHT-behandelte Pflanzendrinks von drei verschiedenen Herstellern – 6 Haferdrinks, 1 Sojadrink, 1 Reisdrink, 1 Mandeldrink und 1 Mischgetränk aus Soja, Reis, Mandel und Hafer – wurden in die Analyse einbezogen. Die Haferdrinks unterschieden sich im Fettgehalt (0,5 %, 1,5 %, 1,8 %, 1,9 %, 3,0 %, 3,5 %).
Mit Ausnahme des Sojadrinks waren alle Pflanzendrinks mit diversen Zusatzstoffen versetzt, darunter Sonnenblumen- und Rapsöl (für milchartige Konsistenz), Inulin, Meersalz, Säureregulatoren (Kaliumdihydrogenphosphat, Kalziumphosphat), Lebensmittelfarbstoff (Kalziumcarbonat), Emulgatoren (Lecithine), Verdickungsmittel (Guarkernmehl, Gelan) und Aromen. Ferner waren Vitamine (D2, B12, B2/Riboflavin) und Mineralstoffe (v. a. Kalzium) hinzugefügt. Zwei Hafermilchprodukte waren zusätzlich mit Erbsenproteinextrakt und der Mandeldrink mit Rohrzucker angereichert. Der Gehalt des jeweils namensgebenden Pflanzenextrakts lag bei 2 % (Mandeldrink), 8,7 % (2 Haferdrinks), 10 % (3 Haferdrinks), 16 % (1 Haferdrink), 10 % (Sojadrink) und 15 % (Reisdrink). Zum Vergleich wurden zwei durch UHT haltbar gemachte H-Milchproben (Fettgehalt 1,5 % und 3,5 %) in die Analyse einbezogen. Alle Pflanzen- und Milchgetränke wurden im stationären Handel in Kopenhagen gekauft.
Bei den Makronährstoffen galt das Hauptinteresse den Gesamtgehalten an Kohlenhydraten (KH) und Proteinen sowie deren Profilen (KH-Arten, essenzielle Aminosäuren). Während Milch als einziges KH das Disaccharid Lactose enthält, beinhalteten alle 10 Pflanzendrinks Dextrine und Maltose, bei 6 kam noch Maltotriose hinzu. Ein Hafer- und der Reisdrink enthielten überdies freie Glucose, die aber nach Herstellerangaben nicht aus externen Zusätzen, sondern aus natürlichen Abbauprozessen stammt.
Ein ernährungsphysiologisch bedeutsamer Befund war der im Vergleich zur Milch deutlich höhere Kohlenhydrat(KH)-Gehalt bei 7 von 10 der getesteten Drinks. Das betraf insbesondere die Haferdrinks. In der KH-reichsten Probe waren mit 8,57 g/100 ml fast doppelt so viele KH enthalten wie in den beiden Milchsorten (4,46 und 4,40 g/100 ml). Spitzenreiter war aber das Reisgetränk mit 11,40 g/100 ml, darunter ein relativ hoher Glucose-Anteil (2,79 g/100 ml). Im einzigen Glucose-haltigen Haferdrink war der Gehalt mit 0,16 g/100 ml) deutlich niedriger. Der Mandeldrink (2,55 g KH/100 ml) und besonders der Sojadrink (0,39 g KH/100 ml) stachen mit sehr niedrigen, auch deutlich den Lactosegehalt von Milch unterschreitenden Kohlenhydratgehalten heraus.
Die Unterschiede in den KH-Profilen der Pflanzendrinks (untereinander sowie gegenüber der Milch) mit deutlich differierenden Anteilen verschiedener KH lassen sich mit der hydrolytischen Stärkespaltung in Oligo- und Monosaccharide während des Herstellungsprozesses der Pflanzendrinks erklären. Der teils sehr unterschiedliche Stärkegehalt von Hafer, Soja, Reis und Mandeln finden letztlich auch in den fertigen Drinks ihren Niederschlag. Hinzu kommt, dass die Stärkekonzentration im Ausgangsmaterial die erforderlichen Bearbeitungsschritte beeinflusst. Wärmebehandlung lässt Stärke gelieren, sodass die Emulsionen von Pflanzenextrakten mit hohem Stärkegehalt eine gallertartige Konsistenz annehmen. Um die Viskosität auf milchähnliche Trinkbarkeit einzustellen, können besondere Bearbeitungsschritte erforderlich sein (z. B. enzymatische Hydrolyse zum Stärkeabbau vor der gelierenden Wärmebehandlung und „Feinjustierung“ mit Verdickungsmitteln). Im Resultat zeigte sich, dass ein hoher Stärkegehalt im Ausgangsmaterial (Reis, Hafer) in einen relativ hohen Gehalt von kurzkettigen Zuckern (Maltose, Glucose) im Endprodukt mündet.
Gegenüber den Milchproben mit einem Gesamtproteingehalt von knapp 3,5 g/100 ml und einer von Casein und Molkenprotein gewährleisteten Komplettabdeckung aller essentieller Aminosäuren (EAS) schnitten mit Ausnahme des Sojadrinks und des Soja-haltigen Mischgetränks sämtliche Pflanzendrinks drastisch ab. Das betrifft sowohl den Gesamtproteingehalt, der zwischen 0,24 g/100 ml (Reisdrink) und 1,57 g/100 ml (ein Haferdrink) differierte, als auch den EAS-Gehalt. Kein einziger dieser Drinks liefert das komplette EAS-Spektrum. Mit Gesamtproteingehalten von 3,7 und 3,5 g /100 ml stehen der Sojadrink und das Soja-Mix-Getränk dank des hohen Proteingehalts der Hülsenfrucht der Milch quantitativ um nichts nach. Bei der EAS-Abdeckung zeigten aber auch die Soja-haltigen Getränke Schwächen, jedoch bei weitem nicht so markant wie die Hafer-, Mandel- und Reisgetränke. Gerade beim Mandeldrink mögen die niedrigen Werte an Gesamtprotein und EAS vordergründig überraschen. Doch der Nussgehalt von lediglich 2 % lässt das Erstaunen weichen.
Diese Ergebnisse stehen weitestgehend mit Nährstoffanalysen von Pflanzendrinks aus anderen Regionen im Einklang (hier und hier). Sie untermauern die Erfordernis, bei rein pflanzlicher (veganer) Ernährung auf fachkundige Kombination verschiedener Proteinquellen und hinreichende Versorgung (einschließlich Supplementierung) mit kritischen Mikronährstoffen wie Vitamin B12, D, Kalzium und Jod zu achten.
Gefahr durch Maillard-Produkte?UHT, typischerweise für 2 bis 4 Sekunden auf 135 bis 150 °C, stößt den Ablauf der stark temperatursensiblen Maillard-Reaktion an, die vor allem durch ihre bräunende (pigmentbildende) und aromatisierende Wirkung beim Grillen bekannt ist. Stark vereinfacht handelt es sich um eine vielstufige, nicht enzymatisch vermittelte Kaskade chemischer Reaktionen, die mit der Interaktion zwischen der Carbonylgruppe von reduzierenden Zuckern (auch in Fleisch enthalten, z. B. in Form der Ribose im ATP) und der Aminogruppe von AS/Proteinen beginnt. Je nach Höhe der Temperatur, Dauer der Hitzeeinwirkung, pH-Wert, Art der Proteine und KH (kurz-/langkettig) sowie dem Wassergehalt kommt es zu Proteinveränderungen unter Bildung neuer chemischer Verbindungen. Ein frühes Maillard-Produkt ist Furosin, das unter Hitzeeinwirkung aus der Reaktion von Zucker mit der EAS Lysin entsteht und in den in UHT-Milch auftretenden Konzentrationen nicht als gesundheitsschädlich eingestuft wird. In den beiden Milchproben war der volumen- und proteinbezogene Furosingehalt deutlich höher als in 7 der 10 Pflanzendrinks, in denen offensichtlich ein intensiver Abbau des Furosin zu weiteren Maillard-Produkten erfolgt.
Welche Verbindungen das sind, variierte zwischen den verschiedenen Pflanzendrinks stark. Neben intermediären α-Dicarbonylverbindungen, die zumindest nicht pauschal als toxisch eingestuft werden, fanden sich in mehreren Haferdrinks und höher konzentriert im Mandeldrink 5-Hydroxymethylfurfural (5-HMF). Dieses galt lange als gesundheitsschädlich und potenziell kanzerogen. 2011 hat das Bundesinstitut für Risikobewertung diese Einschätzung in einer Stellungnahme abgeschwächt. Demnach besitzt 5-HMF „kein besonderes ausgeprägtes toxisches Potenzial“. Aus den nur für einzelne Lebensmittelgruppen (Pflanzendrinks waren nicht dabei) vorliegenden experimentellen Studien könne hinsichtlich einer krebserzeugenden und erbgutschädigenden Wirkung von 5-HMF keine Relevanz für den Menschen abgeleitet werden. Einzig im Mandeldrink wurde auch Furfural nachgewiesen, das hinsichtlich seiner möglicherweise kanzerogenen Wirkung nicht abschließend bewertet ist. Die höhere Konzentration von 5-HMF und Furfural im Mandeldrink führen die Studienautoren auf die Herstellungsweise des Getränks aus gerösteten Mandeln zurück. Beide Verbindungen wurden bereits in früheren Analysen in gerösteten Mandeln (hier und hier) sowie anderen gerösteten Lebensmitteln wie Kaffee (hier) nachgewiesen.
Dass auch Acrylamid im Mandelgetränk (1,08 µg/100 ml) sowie in drei Haferdrinks (0,64 bis 2,93 µg/100 ml) nachgewiesen wurde, kam unerwartet. In Lebensmitteln mit hohem Wassergehalt wird Acrylamid auch bei starker Erhitzung normalerweise nicht in relevanter Konzentration gebildet. Auch hier sehen die Studienautoren die Ursache in Vorbehandlungen der eingesetzten Rohstoffe (insbesondere Rösten). Sie dienen der geschmacklichen Aufwertung durch Aromenbildung. Produkte, die expliziert nur unbehandelte Ausgangsstoffe einsetzen, waren in der Analyse nicht vertreten, sodass die Einschätzung nicht veri- oder falsifiziert werden konnte.
Die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) stuft Acrylamid als bedenklich für die öffentliche Gesundheit ein (hier). Daher hat die EU-Kommission 2017 per Verordnung Richtwerte zur Acrylamid-Reduzierung in Lebensmitteln vorgegeben, die sich aber auf typische Röstprodukte wie Kartoffeln, Getreide, Kaffee und Nüsse beschränkten. Für Acrylamidgehalte in Mandel- und anderen Pflanzendrinks gibt es bislang keinerlei Vorgaben. Da die im Rahmen der vorgestellten Studie in Getränken gemessenen Acrylamidkonzentrationen deutlich unter den EU-Referenzwerten (470 µg/kg für Mandeln) lagen, besteht wohl auch für Pflanzendrink-Liebhaber kein Anlass zur Panik. Doch ein verpflichtender Hinweis auf Acrylkamidkontaminationen wäre im Hinblick auf andere alimentäre Acrylamidaufnahmen wünschenswert.
Eine weitere Hitzewirkung ist die Bildung von AS-Quervernetzungen, die im Hinblick auf schlechtere Proteinverdaulichkeit und Minderung der biologischen Wertigkeit in den Fokus der Forschung gelangt sind (hier und hier). Bislang fehlten Befunde zur Proteinvernetzung in UHT-Pflanzendrinks. Das Forschungsteam hat sie nun erstmals in Pflanzendrinks in höheren Konzentrationen als in den UHT-Milchproben nachgewiesen. Ausnahmen bildeten der Mandel- und der Reisdrink, was aber an deren sehr niedrigen Gesamtproteinkonzentrationen (0,4 und 0,1 g/100 ml) liegen dürfte. Der durch AS-Vernetzungen bedingte Protein-Qualitätsverlust fällt demnach bei den UHT-Pflanzendrinks insgesamt höher aus als bei UHT-Milch.
Während UHT-Milch trotz unterschiedlicher Fettgehalte große Übereinstimmungen in der Qualität und den Quantitäten der sonstigen enthaltenen Nährstoffe zeigt und frei von Zusatzstoffen ist, weisen die Pflanzendrinks sogar innerhalb einer Produktklasse (Haferdrinks) zum Teil große Unterschiede in der Nährstoffzusammensetzung auf. Zudem sind sie mit einer Vielzahl künstlicher Zusatzstoffe versetzt. Mit Ausnahme des Sojagetränks sowie des Soja-haltigen Mischdrinks weisen alle getesteten Pflanzendrinks deutlich niedrigere Nährstoffgehalte auf. Besonders der Mangel an EAS fällt ins Gewicht. In diesem Punkt ist auch das Sojagetränk trotz hohem Gesamtproteingehalt der Milch unterlegen.
Insgesamt kann die gegenüber Milch geringere ernährungsphysiologische Qualität der Pflanzendrinks nicht verwundern. Die rein pflanzlichen Drinks sind stark wasserverdünnte Extrakte mit einem niedrigen „Wirkstoff“-Gehalt. So liegt beispielsweise in einem typischen Mandeldrink der Gehalt der proteinreichen Nuss nur bei 2 bis 2,5 %, sodass im fertigen Getränk kaum Eiweiß und erst recht nicht alle EAS zu finden sind. Zudem können einige bereits in den pflanzlichen Ausgangstoffen defizitäre Komponenten (B12, Kalzium, Jod, D) nur durch artifizielle Anreicherung halbwegs ausgeglichen werden. Auch der als Pluspunkt beworbene Ballaststoffgehalt der Pflanzendrinks kann nicht überzeugen. Handelt es sich hierbei meist um zugesetzte Hafer- oder Zichorienwurzelfasern, die an natürliche Ballaststoff-Lieferanten wie unverarbeitetes Obst oder Gemüse nicht heranreichen.
Dass die Maillard-Reaktionen während der UHT von Pflanzendrinks mehr potenziell gesundheitsgefährdende Verbindungen hervorbringen, dürfte im Falle der Hafergetränke an höheren Zuckergehalten, beim Mandeldrink am gerösteten Ausgangsprodukt liegen. Die Studie bestätigt, dass Kuhmilch und die als Alternativen vermarkteten Pflanzendrinks wenig miteinander gemein haben. Kuhmilch ist ein weitgehend uniform zusammengesetztes Naturprodukt, das neben biologisch hochwertigem Eiweiß mit einer Reihe essenzieller Mikronährstoffe versorgt. Unter den Pflanzendrinks kann am ehesten noch das Sojagetränk punkten, zumindest hinsichtlich der Eiweißmenge. Hafer-, Mandel- und Reisgetränke sind keine der Milch auch nur annährend ebenbürtigen Nährstofflieferanten, die zudem unerwünschte Zusatzstoffe und Nebenprodukte der Verarbeitung mitführen. Selbst wenn die in den Pflanzendrinks enthaltenen Mengen potenziell gesundheitsgefährdender Maillard-Produkte allein keine unmittelbare Gesundheitsrisiken bedeuten, sollte der Konsument über deren Existenz informiert sein.
Je nach Gesamternährungsweise kann diese zusätzliche Quelle relevant sein. Aus ökologischen, tierethischen, geschmacklichen, Intoleranz- oder Allergie-Gründen ist die Bevorzugung von Pflanzendrinks nachvollziehbar. Aber das oft genannte Zusatzargument, Pflanzendrinks seien die gesündere Alternative zur Kuhmilch, ist nicht haltbar. So resümiert die Leiterin der dänische-spanischen Studie, Prof. Dr. Marianne Nissen Lund: „Wir sollten definitiv mehr pflanzliche Lebensmittel konsumieren. Aber wer auf der Suche nach der richtigen Ernährung ist und glaubt, dass pflanzliche Getränke Kuhmilch ersetzen können, der irrt”. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Quellen:
Pucci et al.: Investigation of Maillard reaction products in plant-based milk alternatives. Food Res Int, 2024. doi: 10.1016/j.foodres.2024.115418
Angelino et al.: Nutritional Quality of Plant-Based Drinks Sold in Italy: The Food Labelling of Italian Products (FLIP) Study. Foods, 2020. doi: 10.3390/foods9050682
Fructuoso et al.: An Overview on Nutritional Aspects of Plant-Based Beverages Used as Substitutes for Cow's Milk. Nutrients, 2021. doi: 10.3390/nu13082650
Akıllıoğlu et al.: Maillard reaction products and amino acid cross-links in liquid infant formula: Effects of UHT treatment and storage. Food Chem, 2022. doi: 10.1016/j.foodchem.2022.133687
Akıllıoğlu et al.: Quantification of advanced glycation end products and amino acid cross-links in foods by high-resolution mass spectrometry: Applicability of acid hydrolysis. Food Chem, 2022. doi: 10.1016/j.foodchem.2021.130601
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