63 Jahre alt, männlich und Raucher – das ist wohl der klassische Patient mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung. Jetzt wird klar: Ärzte sollten schon viel früher nach ersten Anzeichen Ausschau halten.
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) gehört zu den häufigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland. Sie zeichnet sich durch eine Einschränkung des Luftstroms, Atemwegsbeschwerden und geht oft Begleiterkrankungen einher. Schätzungen zufolge liegt die Prävalenz bei etwa 5–10 % der erwachsenen Bevölkerung, mit steigender Tendenz bei älteren Menschen und Rauchern. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen.
Klassischerweise wird COPD bei Personen über 60 Jahren diagnostiziert, bei denen zu diesem Zeitpunkt schon zu einem erheblichen Verlust der Lungenfunktion gekommen ist. Für eine Diagnose wird neben der klinischen Symptomatik (chronischer Husten, Auswurf, Belastungsdyspnoe) auch die Bewertung von Risikofaktoren wie Rauchen und Exposition gegenüber Luftverschmutzung und Schadstoffen sowie eine Spirometrie herangezogen. Ergänzend können Bildgebung (z. B. Röntgen oder CT der Lunge), Blutgasanalyse und Biomarker (z. B. Alpha-1-Antitrypsin oder Entzündungsparameter (CRP, BSG)) zur Differenzierung und Schweregradeinteilung nach der GOLD-Klassifikation herangezogen werden.
Forscher haben nun anhand von vier US-Kohorten analysiert, ob man eine COPD nicht schon viel früher entdecken – und damit auch behandeln kann. Hierfür schauten sie sich Daten von 10.680 Personen (Durchschnittsalter 40 Jahre; 56,8 % Frauen; 41,7 % nicht-hispanische Schwarze; 51,1 % Nichtraucher) im Alter von 18 bis 49 Jahren an und konnten zeigen, dass 4,5 % der 18- bis 49-Jährigen die Kriterien einer sogenannten „Young COPD“ erfüllten. Als „Young COPD“ definierten sie eine spirometrisch bestätigte Atemwegsobstruktion, die zusätzlich mit Symptomen wie Husten, Auswurf und Atemnot oder einer Tabakexposition von mindestens 10 Packungsjahren einherging.
Die Analyse zeigte außerdem: Über einen medianen Nachbeobachtungszeitraum von 28 Jahren hatten die Personen mit frühen Beschwerden ein deutlich höheres Risiko für schwere Erkrankungen im Alter. Im Vergleich zu Teilnehmern ohne Obstruktion betrug die adjustierte Hazard Ratio für Teilnehmer mit „Young COPD“ für Tod vor dem 75. Lebensjahr 1,43 (95 %-Konfidenzintervall [KI], 1,19–1,73; P < 0,001); für Krankenhausaufenthalte oder Todesfälle aufgrund chronischer Erkrankungen der unteren Atemwege betrug die adjustierte Hazard Ratio 2,56 (95 % KI, 2,05–3,20); für koronare Herzkrankheiten 1,12 (95 % KI, 0,85–1,47) und für Herzinsuffizienz 1,72 (95 % KI, 1,26–2,35). Teilnehmer mit einfacher Obstruktion (spirometrische Obstruktion ohne Symptome und <10 Packungsjahre; Prävalenz 2,4 %) hatten dagegen ähnliche Risiken wie Teilnehmer ohne Obstruktion.
„Wir wollen die Früherkennung von COPD unterstützen, um mehr Möglichkeiten für frühzeitige Interventionen und bessere Ergebnisse (für die Patienten) zu schaffen“, sagt Elizabeth C. Oelsner, eine der Studienautorinnen. Hierfür müssen Ärzte aufmerksam sein und auch schon bei jüngeren Leuten nach Hinweisen für die Erkrankung suchen. Zu den Ergebnissen schreibt @hustendoktor auf Bluesky: „Deckt sich mit den Erfahrungen, die wir so im Alltag machen: Eine Gruppe von Patienten entwickelt schon relativ früh eine COPD (auch ohne A1AT-Mangel), dieselben Patienten werden in der Regel viel früher schwer krank. Warum das so ist, ist (noch) nicht wirklich klar. Ich könnte mir vorstellen, dass wir irgendwann noch einen ähnlichen Faktor wie das A1AT detektieren. So oder so gilt, wie bei so vielen Erkrankungen, dass eine Erkennung des Problems in der Frühphase wichtig ist.“
In den nächsten Jahren gibt es also noch einiges zu tun. Prof. Klaus F. Rabe, ebenfalls an der Studie beteiligt, betont in einem Editorial: „Eine der größten Herausforderungen ist das Fehlen einer Konsensdefinition für COPD bei jüngeren Erwachsenen sowie belastbarer Prävalenzdaten in dieser Bevölkerungsgruppe.“ Diese Lücken gilt es nun zu schließen.
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