Schon als Kind faszinierten mich Videos von Herz-OPs. Seitdem konnte mich nichts von meinem Berufswunsch abbringen. Im PJ habe ich jetzt ein neues Ziel: Typ-A-Dissektionen so früh zu erkennen, dass ich die Katastrophe verhindern kann.
Ich war sieben Jahre alt, als mir klar wurde, dass ich Ärztin werden wollte – und mit zwölf Jahren stand fest, dass es die Herzchirurgie werden soll. Seitdem habe ich meine ganze akademische Laufbahn auf die Herzchirurgie ausgerichtet, alle Praktika und Hospitationen in diesem Bereich absolviert und seit Beginn des klinischen Studienabschnitts in der Herzchirurgie gearbeitet. Jetzt bin ich endlich im praktischen Jahr.
Mein erster Kontakt mit einer akuten Aortendissektion Typ A liegt inzwischen zirka vier Jahre zurück. Es war ein Fall, der mich nachhaltig geprägt hat und der mir die Dramatik dieser Erkrankung eindrücklich vor Augen führte. Ein 65-jähriger Patient präsentierte sich mit plötzlich einsetzenden, akuten thorakalen Schmerzen, die charakteristisch in den Rücken ausstrahlten. Klinisch fiel eine deutliche Blutdruckdifferenz zwischen den Armen auf, die Haut war feucht und blass. Aufgrund der Anamnese und der Befunde bestand bereits initial der Verdacht einer akuten Aortendissektion. Eine CT-Angiographie bestätigte die Diagnose: Stanford Typ A mit Ausdehnung bis in den Aortenbogen.
Die operative Behandlung hat die Resektion des dissezierten Aortensegments und die Wiederherstellung der Integrität des wahren Lumens zum Ziel. Je nach Befund kommen unterschiedliche Techniken zur Anwendung.
Beide Verfahren sind technisch anspruchsvoll und erfordern höchste Präzision und Erfahrung.
Bei dem damaligen Patienten kam es noch im Schockraum zum Kreislaufstillstand. Das Team startete sofort die Reanimation und bereitete die Herz-Lungen-Maschine vor. Parallel wurde eine veno-arterielle ECMO angelegt. Auffällig war, dass das Blut in beiden Schläuchen – arteriell und venös – die gleiche Farbe hatte, ein Hinweis auf die kritische Zirkulationssituation. Trotz sofortiger Maßnahmen und kontinuierlicher Kreislaufunterstützung konnte der Patient aber nicht stabilisiert werden und verstarb – ein Verlauf, der bei akuten Typ-A-Dissektionen leider keine Seltenheit ist.
Dieser Tag markierte für mich den Beginn einer intensiven Auseinandersetzung mit der Pathophysiologie und Diagnostik der akuten Aortendissektion. Es war meine erste Reanimation in der Herzchirurgie und ich erinnere mich noch genau an die Mischung aus höchster Konzentration und fokussiertem Handeln, die ich während der Behandlung aufbringen musste. Jede Sekunde zählte und das Bewusstsein über die kritische Lage des Patienten war emotional prägend. Gleichzeitig hat mich genau diese Dramatik motiviert, ruhig, präzise und strukturiert zu handeln.
Seitdem forsche ich intensiv daran, die Erkrankung früher und präziser zu erkennen – noch bevor sie klinisch eskaliert. Ich möchte mich der Erkrankung widmen, um die Diagnostik zu optimieren, die Operationsvorbereitung zu verbessern und postoperative Komplikationen zu reduzieren. Denn für mich symbolisiert die Typ-A-Aortendissektion den Kern der Herzchirurgie: das Handeln unter maximalem Zeitdruck, die Balance zwischen Präzision und Intuition und das Bewusstsein, dass jede Minute über Leben und Tod entscheiden kann.
Bildquelle: Kateryna Hliznitsova, Unsplash