Adipositas wird häufig noch allein als Folge von ungünstigen Lebensstilfaktoren betrachtet, dabei können auch endokrinologische Ursachen eine wichtige Rolle spielen.1 Deshalb ist es entscheidend, die komplexen hormonellen Mechanismen zu verstehen, die zur Entstehung von Übergewicht beitragen können.
Adipositas kann neben einer ungesunden Lebensweise auch durch Schädigungen zentraler Regulationszentren entstehen, vor allem im Bereich des Hypothalamus, der Hunger, Sättigung und Energiehaushalt steuert.2
Mögliche Ursachen hierfür sind unter anderem:2
Eine hypothalamische Adipositas geht häufig mit starkem Hungergefühl, reduzierter körperlicher Aktivität und einem verlangsamten Stoffwechsel einher.2 Aufgrund der tiefgreifenden neurologischen Steuerung sind konservative Maßnahmen wie Diät oder Bewegung oft nur begrenzt wirksam.3 Die Therapie konzentriert sich auf eine enge interdisziplinäre Betreuung. Der Schwerpunkt liegt auf einer chirurgischen Entfernung des Tumors und pharmakologischen Adipositas-Therapieoptionen.3
Die Schilddrüse produziert unter anderem die Hormone Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3), die den Grundumsatz und viele Stoffwechselprozesse regulieren.4,5 Bei einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) sinken die Spiegel dieser Hormone, was zu einer Reduktion des Ruheenergieverbrauchs um bis zu 50 % führen kann.6
Klinisch präsentiert sich eine Schilddrüsenunterfunktion neben einer Gewichtszunahme unter anderem mit Symptomen wie Müdigkeit, Kälteintoleranz und Verstopfung.7 Die Laborabklärung umfasst zunächst die Bestimmung des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH), das von der Hirnanhangdrüse ausgeschüttet wird und die Schilddrüse zur Hormonproduktion anregt. Zusätzlich werden die freien Schilddrüsenhormone fT4 und fT3 gemessen.7 Ein erhöhter TSH-Wert bei gleichzeitig erniedrigtem fT4 weist auf eine primäre Hypothyreose hin, also eine Unterfunktion der Schilddrüse, bei der diese trotz verstärkter Stimulation durch die Hypophyse zu wenig Hormone produziert.7 Die Behandlung besteht in der Einnahme von Schilddrüsenhormonen, die den Stoffwechsel wieder normalisieren.7
Das Cushing-Syndrom ist durch eine chronisch erhöhte Cortisolproduktion gekennzeichnet.8 Cortisol wird in der Nebennierenrinde gebildet und spielt eine zentrale Rolle im Zucker-, Fett- und Eiweißstoffwechsel.9 Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel führt zu einer verstärkten Fettumverteilung.8 Typisch ist dabei die sogenannte Stammfettsucht: Fett lagert sich vor allem im Bauchbereich ab, während Arme und Beine vergleichsweise schlank bleiben. Charakteristische Merkmale sind zudem ein rundes, vollmondartiges Gesicht sowie eine Fettansammlung im Nacken („Stiernacken“).8 Weitere häufige Symptome sind Bluthochdruck, Muskelschwäche, Hautveränderungen sowie psychische Auffälligkeiten wie Reizbarkeit, Schlafstörungen oder depressive Verstimmungen.8
Die häufigsten Ursachen des Cushing-Syndroms sind hormonell aktive Tumore, die zu einer Überproduktion von Cortisol führen, oder die langfristige Einnahme von Glukokortikoiden (z. B. Cortison) im Rahmen einer medikamentösen Therapie.8 Zur Abklärung werden funktionelle Tests eingesetzt, etwa der Dexamethason-Test oder die Bestimmung des freien Cortisols im Urin oder Speichel.8 Die Behandlung richtet sich nach der Ursache: In den meisten Fällen erfolgt die operative Entfernung des Tumors.8 Bei unvollständiger Entfernung oder inoperablen Befunden kommen medikamentöse Therapien zum Einsatz.8 Bei einem exogenen Cushing-Syndrom steht die Reduktion der Glukokortikoid-Dosis im Vordergrund.8
Nicht jede Gewichtzunahme ist allein auf ungünstige Lebensstilfaktoren zurückzuführen. Endokrinologische Ursachen wie eine Hypothyreose, das Cushing-Syndrom oder hypothalamische Störungen können eine bedeutende Rolle spielen und sollten besonders dann abgeklärt werden, wenn die Gewichtszunahme plötzlich, therapieresistent oder von spezifischen Symptomen begleitet ist.1,4
Für die klinische Praxis bedeutet dies eine ganzheitliche Diagnostik und interdisziplinäre Betreuung, um hormonelle Ursachen zu identifizieren und gezielt zu behandeln. Dabei ist es wichtig, realistische Therapieziele zu setzen.
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