Wenn es um Psychosen geht, wird Cannabis vor allem als Auslöser wahrgenommen. Es zeigt sich jedoch: Das darin enthaltene Cannabidiol könnte bei der Bewältigung psychotischer Symptome sogar helfen.
Seit der Legalisierung von Cannabis scheiden sich die Geister, ob die Häufigkeit von Psychosen tatsächlich angestiegen ist (siehe hier und hier). Während THC als möglicher Risikofaktor gilt, wecken aktuelle Studien die Hoffnung, dass vor allem Cannabidiol (CBD) eine therapeutische Option bei psychotischen Störungen sein könnte. CBD ist ein therapeutisch bedeutsames Phytocannabinoid, das im Gegensatz zu THC keine berauschende Wirkung entfaltet. Beide Cannabis-Bestandteile agieren über das körpereigene Endocannabinoid-System, jedoch fördert dabei CBD nicht wie THC eine vermehrte Dopamin-Freisetzung.
Neue Studien zeigen, dass CBD nicht nur psychotische Symptome abschwächen, sondern auch zu einer messbaren Normalisierung krankhaft veränderter Hirnaktivität führen kann: So zeigt eine im Jahr 2018 veröffentlichte Studie, dass die Gabe von CBD zu einer Verbesserung der positiven psychotischen Symptome bei Patienten mit Schizophrenie führt. Auch eine Studie aus dem Jahr 2023 bewies, dass eine vierwöchige Gabe von CBD psychotische Symptome signifikant reduzieren kann. Zusätzlich konnte eine Normalisierung der neuronalen Netzwerke im Gehirn von Patienten mit Psychose durch CBD nachgewiesen werden.
Nach diesen ersten vielversprechenden Erkenntnissen über mögliche positive Effekte von CBD soll jetzt in einem von der Oxford-University großangelegten internationalen Projekt, dem STEP-Programm, die Wirksamkeit von CBD als Therapiebestandteil für Menschen mit Psychosen genau untersucht werden.
STEP (Stratification and Treatment in Early Psychosis) besteht aus drei separaten Phase-III-Studien, die jeweils placebokontrolliert, doppelblind und randomisiert sind; sie tragen die Titel STEP-ENHANCE, STEP-PROMOTE und STEP-ASSIST. Alle Studien untersuchen Teilnehmer mit früher Psychose, die sich jedoch in ihren spezifischen Einschlusskriterien unterscheiden. STEP-ENHANCE schließt Patienten nach der ersten Episode einer Psychose ein, STEP-PROMOTE richtet sich an Menschen mit einem klinisch hohen Risiko, eine Psychose zu entwickeln, und STEP-ASSIST umfasst Patienten mit therapieresistenter Psychose.
Alle Teilnehmer erhalten über sechs Wochen entweder CBD oder ein Placebo. Im Anschluss folgt ein dreimonatiger Beobachtungszeitraum sowie ein optionales, einjähriges Langzeit-Follow-up. Alle Studien sind doppelblind, international und mit modernsten Methoden wie Blutanalysen und MRT-Bildgebung ausgestattet – um neben der Effektivität auch den Wirkmechanismus des CBD genau zu untersuchen. Ziel ist es, eine neue nebenwirkungsärmere Therapieoption zu entwickeln, insbesondere für Patienten, die auf bisherige Medikamente nicht ausreichend ansprechen.
Internationale Experten hoffen darauf, dass die großangelegte CBD-Studie ein neues Zeitalter der Psychose-Therapie einleiten könnte. Und vielleicht steht die Psychose-Therapie ja wirklich kurz vor dem Umbruch. Ob jedoch ausgerechnet der neue Hoffnungsträger CBD in der Psychose-Therapie nachweislich hilft, bleibt abzuwarten. Die Studie läuft von Oktober 2025 bis 2027, wobei die ersten Ergebnisse schon jetzt ungeduldig und mit Hochspannung erwartet werden.
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