Die Therapie der Psoriasis vulgaris ist schon unübersichtlich genug – zusätzlich werden Patienten online Mikronährstoffe und Darmkuren als Heilmittel verkauft. Wie ihr zwischen Mythos und Medizin unterscheidet.
Schön sind sie nicht, die Plaques der Schuppenflechte. Sie entstehen, wenn Keratinozyten zu schnell altern und deshalb nicht ordentlich abgestoßen werden können. Doch wer sie loswerden will und im Internet Rat sucht, wird leicht in die Irre geführt. So bezeichnet auf der Webseite Naturheilkompass ein Dr. med. Harald Hüther die Schuppenflechte zwar zu Recht als eine Autoimmunerkrankung, doch dass ein „Mangel an Mikronährstoffen“ und eine „Fehlbesiedelung des Darms“ dafür verantwortlich sein sollen, ist hanebüchen. Auch wenn Hüther Publikationen zitiert, ist die Behauptung, dass diese Ursachen „wissenschaftlich belegt“ seien, eine dreiste, sagen wir, Übertreibung.
Zur Therapie empfiehlt Dr. Hüther selbstredend Mikronährstoffe. Von solchen selbstgestrickten Empfehlungen ist eine Wissenschaft, die systematisch und regelbasiert vorgeht und auch die Qualität der verwendeten Studien hinterfragt, weit entfernt. Wie weit, zeigt die soeben aktualisierte S3-Leitlinie Therapie der Psoriasis vulgaris unter Federführung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. Auf gut 200 Seiten besprechen die Autoren ein Medikament nach dem anderen mit den Unterpunkten Anwendung, Kontrollen, unerwünschte Wirkungen, besondere Aspekte, Kontraindikationen und Arzneimittelinteraktionen. Und nirgends findet sich ein Hinweis auf Mikronährstoffe oder eine Beteiligung des Darms, auch nicht im Appendix von noch einmal gut 80 Seiten, in dem topische, Photo- und sonstige Therapien abgehandelt werden.
Laut Leitlinie ist das Ziel der Therapie nicht die Heilung, sondern die „Erscheinungsfreiheit“. Dazu heißt es einschränkend: „Jedoch kann dieses Ziel derzeit realistischerweise nicht bei allen Patient*innen erreicht werden.“ Deshalb müsse man mit den Patienten ein Mindestziel definieren, nach dem man die Therapie ausrichtet und anpasst.
Drei Schaubilder (siehe S. 5 ff. der Leitlinie) fassen das Wichtigste zusammen: Eine Übersicht über den Behandlungsalgorithmus empfiehlt bei leichter Psoriasis topische Therapien mit Glukokortikosteroiden, Vitamin-D-Analoga, Dithranol und Calcineurininhibitoren sowie eine Lasertherapie. Wenn das nicht ausreicht sowie bei einer mittleren bis schweren Psoriasis kommen zusätzlich systemische Therapien mit den konventionellen Mitteln Acitretin, Ciclosporin, Dimethylfumarat und Methotrexat infrage. Gehen die Plaques auch dann nicht ausreichend zurück, empfehlen die Autoren die neuen, zielgerichteten, kleinen Moleküle Apremilast und Deucravacitinib sowie ein gutes Dutzend Biologika, meist monoklonale Antikörper. Diese richten sich gegen verschiedene Bausteine des Immunsystems, wie den Tumornekrosefaktor und diverse Interleukine. Fun Fact: Unter ihnen ist mit Adalimumab das im Jahr 2018 umsatzstärkste Arzneimittel, das auch bei anderen Entzündungen eingesetzt wird.
Die Schaubilder zwei und drei zeigen, welche Therapeutika bei welchen besonderen klinischen Situationen empfehlenswert oder zu vermeiden sind. Beispiel Schwangerschaft: Auch wenn sich bei gut der Hälfte der schwangeren Frauen die Beschwerden bessern, bleibt ein Therapiebedarf – zumal sich die Psoriasis negativ auf die Schwangerschaft auswirken kann. Zur Systemtherapie wird nur der Antikörper Certolizumab empfohlen. Der Grund dafür ist, dass er als einziger keine sogenannte Fc-Region besitzt – ihm also die Füßchen fehlen, die an entsprechende Fc-Rezeptoren binden. Diese Rezeptoren schleusen die anderen Antikörper durch die Plazenta. In der Schwangerschaft absolut kontraindiziert sind die Wirkstoffe Acitretin und Methotrexat.
Interessant ist, dass die Autoren die Ausführlichkeit der Patienten-Aufklärung an die Stärke ihrer Empfehlung koppeln. Der dunkelgrüne Doppelpfeil einer starken Empfehlung meint: „Kliniker*innen müssen sich weniger Zeit für den Prozess der Entscheidungsfindung mit den Patient*innen nehmen.“
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