Rheumapatienten möchten häufig zu einer antientzündlichen Ernährung beraten werden. Was ihr guten Gewissens empfehlen könnt und wo noch Evidenz fehlt – ein Überblick.
Rheumatoide Arthritis (RA) ist bekanntlich eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, die Gelenke zerstören und die Lebensqualität stark beeinträchtigen kann. Medikamente dämpfen die Entzündung, haben aber mehr oder minder starke Nebenwirkungen. Viele Betroffene hoffen deshalb, durch die Ernährung Einfluss auf den Krankheitsverlauf zu nehmen, etwa durch eine „antiinflammatorische“ oder pflanzenbasierte Diät. Doch wie fundiert sind solche Empfehlungen wirklich?
Eine aktuelle Metaanalyse aus Kopenhagen hat die Effekte vegetarischer und veganer Diäten bei RA systematisch untersucht. Sie fasst sieben randomisierte, kontrollierte Studien zusammen, die zwischen 1979 und 2023 erschienen sind. Das Ergebnis fiel durchwachsen aus: Zwar zeigten sich kleine, statistisch signifikante Verbesserungen bei Schmerzen, nicht jedoch bei der Entzündungsaktivität oder bei körperlichen Funktionen. Die Autoren bewerten die Evidenz nach GRADE-Kriterien als „niedrig“. Es gab bei den eingeschlossenen Studien zu wenige Teilnehmer, zu heterogene Studiendesigns und methodische Schwächen. „Wir sehen leichte positive Trends, aber keine klaren Belege, dass pflanzenbasierte Diäten die Krankheitsaktivität wirklich senken“, schreiben sie als Resümee.
Wesentlich positiver schnitten in neueren Studien mediterrane Diäten ab. Sie kombinieren reichlich Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Fisch, Olivenöl und moderate Mengen Rotwein – also Lebensmittel, die entzündungshemmende Fettsäuren, Polyphenole und Antioxidantien liefern. Bei der MEDRA-Trial, einer randomisierten, kontrollierten Studie, haben sich 44 RA-Patienten zwölf Wochen lang entweder gemäß der Mittelmeerdiät oder gemäß der Irish Healthy Eating Guidelines ernährt. In beiden Gruppen verbesserten sich körperliche Funktion und die Lebensqualität der Teilnehmer signifikant, doch die mediterrane Diät schnitt etwas besser ab. Die Forscher führen das jedoch auf eine höhere Gesamtqualität der Ernährung zurück, nicht auf ein „magisches Prinzip“.
Eine weitere kontrollierte Studie aus Griechenland mit 210 RA-Patienten bestätigte diese Tendenz. Nach drei Monaten zeigte die Gruppe mit mediterraner Diät eine deutliche Reduktion der Krankheitsaktivität (DAS28-Score) und des Körpergewichts sowie eine Verbesserung der Muskelmasse. Interessanterweise stiegen die Spiegel des Adipokins Adiponektin – ein potenzieller Marker antiinflammatorischer Stoffwechselprozesse – signifikant an. Doch auch hier gilt: Die Intervention war relativ kurz, die langfristige Wirkung bleibt unklar.
An Hypothesen für mögliche Effekte mangelt es Wissenschaftlern nicht: Omega-3-Fettsäuren aus Fisch und Pflanzenöl, Polyphenole aus Olivenöl und sekundäre Pflanzenstoffe könnten entzündliche Signalwege dämpfen, die bei RA eine Rolle spielen. Doch die Erkrankung ist komplex; Genetik, Immunregulation, Mikrobiom und Komorbiditäten greifen ineinander. Zudem ändern sich in Ernährungsstudien durch die Intervention noch andere Parameter, beispielsweise das Körpergewicht und das Darmmikrobiom. Und wer an einer Diät teilnimmt, achtet meist auch auf Bewegung, Schlaf und Medikamenteneinnahme. Viele der beobachteten Verbesserungen könnten primär auf eine insgesamt gesündere Lebensweise als nur auf eine Diät zurückzuführen sein. Was am Ende vielleicht den Unterschied macht, bleibt also unklar.
Die aktuelle Evidenzlage legt nahe: Diäten wie die mediterrane Kost können bei Rheuma unterstützend wirken – etwa durch Gewichtsreduktion, verbesserte Herz-Kreislauf-Gesundheit und allgemeines Wohlbefinden. Eine „Heilwirkung“ auf die entzündliche Aktivität ist jedoch nicht belegt. Auch die viel zitierte vegane oder glutenfreie Ernährung zeigt bislang nur minimale Effekte – und birgt das Risiko der Mangelernährung, wenn sie nicht professionell begleitet wird.
Im dänischen Review schreiben Jensen und Kollegen, dass die bisherige Datenbasis zu klein sei, um klinische Empfehlungen abzuleiten. Auch die EULAR-Leitlinien bleiben vorsichtig. Die Autoren sehen in der Ernährung eine wichtige Säule des gesunden Lebensstils, betonen aber: Der krankheitsspezifische Nutzen spezieller Diäten oder einzelner Lebensmittel sei insgesamt gering. Sie empfehlen eine ausgewogene, WHO-konforme Kost mit viel Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollkorn, aber wenig Zucker, wenig gesättigte Fettsäuren bzw. Trans-Fette und wenig Kochsalz. Ihnen geht es an der Stelle um eine allgemeine Gesundheitsprävention, nicht um eine spezifische Modulation der Krankheitsaktivität.
Alles in allem ist die Ernährung ein wichtiger Baustein im ganzheitlichen Rheumamanagement – aber kein Ersatz für Medikamente, sondern ein Beitrag zu einem gesunden Lebensstil. Wer mediterran, pflanzenbetont oder einfach frisch und ausgewogen isst, profitiert wahrscheinlich unabhängig von der Diagnose.
Diäten bei Rheuma: Was bringen sie wirklich?
Bildquelle: Anita Austvika, Unsplash