Cannabiskonsum vermindert die Spermienqualität – und auch bei den Eizellen macht ein Joint nicht spurlos die Runde. Die Konsequenzen: nicht so berauschend für die Familienplanung.
Kurze Lidspalte, eine dünne Oberlippe und oft Entwicklungsverzögerungen – das klassische Bild von Kindern mit fetalem Alkoholsyndrom haben viele vor Augen. Die fatalen Folgen von Alkohol, Nikotin oder Cannabis in der Schwangerschaft sind lange bekannt. Drogenkonsum kann aber schon viel früher als bisher angenommen, z. B. in der Oogenese, gravierende Konsequenzen haben: Ein Forscherteam aus Kanada hat entdeckt, dass sich Cannabiskonsum schon vor der Schwangerschaft negativ auf Kinderwunsch und Fruchtbarkeit auswirken kann. Bei Männern sind die Folgen von Cannabiskonsum – im Gegensatz zu Frauen – gut erforscht: Die Spermienqualität wird durch eine Reduktion der Spermienzahl mit eingeschränkter Mobilität reduziert.
Eine Kinderwunschklinik aus Kanada hat jetzt den Einfluss von THC auf die weibliche Fruchtbarkeit und auf die künstliche Befruchtung untersucht. Im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie wurde die Follikelflüssigkeit von über 1.000 Frauen auf THC untersucht, die dort zur In-Vitro-Fertilisation (IVF) vorstellig waren. Bei 62 Frauen war das Testergebnis der Proben positiv. Dabei war besonders auffällig, dass die THC-positiven Eizellen schneller reiften und weniger euploide Embryonen daraus hervorgingen.
Im zweiten Teil der Studie hat das Forscherteam Eizellen in vitro 24 h lang mit und ohne THC-Einfluss reifen lassen, wobei die Ergebnisse des ersten Teils eindeutig bestätigt wurden: Die Eizellen unter THC-Einfluss durchliefen einen beschleunigten Reifungsprozess mit einem erhöhten Anteil an aneuploiden Oozyten. Das Forscherteam vermutet, dass THC den Spindelapparat während der Meiose beeinflusst und so vermehrt zu Aneuploidie führt.
Und das mit gravierenden Folgen – wie Dr. Wolfgang Paulsen im Interview mit Science Media Germany erklärt: „Eine Chromosomenverteilungsstörung bei Beeinträchtigung des Spindelapparates im Rahmen der Zellteilung durch THC-Konsum könnte zu einer höheren Anzahl von Embryonen mit auffälligem Karyotyp führen. Viele solcher Schwangerschaften enden als Frühaborte, nur wenige Konstellationen wie zum Beispiel Trisomie 21, 13 oder 18 erreichen den lebensfähigen Status.“
Die Studie lässt offen, wie sehr der schädigende Effekt durch Dosis und Häufigkeit des Konsums beeinflusst wird. Trotzdem sollten sich Frauen mit Kinderwunsch bewusst sein, dass Cannabis eine mögliche Ursache von Unfruchtbarkeit sein kann – zumal jedes sechste Paar in Deutschland unter einem unerfüllten Kinderwunsch leidet. Das Forscherteam warnt zudem, dass sich Cannabiskonsum negativ auf ein IVF-Verfahren auswirken kann, da es die Zahl gesunder Eizellen reduziert.
Bildquelle: Andrej Lišakov, Unsplash