Anfang des Jahres häuften sich schwere invasive Infektionen mit dem Bakterium Haemophilus influenzae Typ b, drei Betroffene verstarben. Höchste Zeit, euer Wissen zu Symptomen, Behandlung und Prophylaxe aufzufrischen.
Seit Ende 2024 beobachtet das Robert Koch-Institut (RKI) einen ungewöhnlichen Ausbruch invasiver Infektionen mit Haemophilus influenzae Typ b (Hib) in Hamburg. Betroffen waren vor allem obdachlose Menschen und Personen mit Drogengebrauch. Bis April 2025 wurden 13 Fälle bestätigt – neun in Hamburg, zwei in Mecklenburg-Vorpommern sowie je einer in Niedersachsen und Berlin. Die Erkrankungen verliefen schwer: Neben Pneumonien traten Sepsis und Meningitis auf; drei Betroffene verstarben. Bei den meisten lag kein dokumentierter Hib-Impfschutz aus der Kindheit vor. Genetische Analysen der Isolate zeigten eine enge Verwandtschaft, was auf einen gemeinsamen Ursprung des Ausbruchs hindeutet.
Hib wird in erster Linie über Tröpfcheninfektion und Kontakt mit respiratorischen Sekreten weitergegeben. Im aktuellen Ausbruch spielt vermutlich auch die indirekte Übertragung über gemeinsam genutzte Utensilien wie Zigaretten, Essbesteck oder Drogenkonsummaterial eine Rolle. Klinisch äußern sich invasive Hib-Erkrankungen häufig als Pneumonie, Sepsis oder Meningitis. Typische Symptome sind Fieber, Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Erbrechen sowie ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl.
Während invasive Hib-Erkrankungen klassischerweise vor allem Kinder unter fünf Jahren und hochbetagte Menschen betreffen, sind sie bei jungen Erwachsenen selten. Bei diesem Ausbruch spielten Wohnungs- und Obdachlosigkeit sowie inhalativer Drogenkonsum offenbar eine zentrale Rolle als Risikofaktoren. Vermutet wird zudem, dass chronische Vorerkrankungen, Mangelernährung oder Rauchen zur Immunsuppression beigetragen haben könnten.
Bislang umfasste die Hib-Impfung in Deutschland ausschließlich die Grundimmunisierung im Kindesalter (drei Dosen im Rahmen von Kombinationsimpfstoffen). Eine Impfung älterer Kinder und Erwachsener wurde nur in Einzelfällen – etwa bei Asplenie – empfohlen. Angesichts des Ausbruchs hat die STIKO ihre Empfehlung angepasst: Die STIKO-Empfehlung für Impfung und Chemoprophylaxe wurde jetzt erweitert auf Personen im Alter von ≥ 5 Jahren, die im Zusammenhang mit einem Ausbruchsgeschehen einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind UND bei denen ein medizinisch begründbares erhöhtes Risiko für invasive Hib-Erkrankungen beispielsweise aufgrund von Drogenkonsum, prekärer Wohnsituation/Wohnungslosigkeit, chronischen Leber- oder Nierenerkrankungen oder Mangelernährung besteht.
Zur Impfung sollte eine einmalige Impfung mit altersentsprechend zugelassenem Impfstoff (z. B. Act-Hib, Pentavac oder ein vergleichbarer Impfstoff mit Hib-Komponente) verwendet werden. Dabei enthalten Hib-Kombinationsimpfstoffe, die regulär im Kindesalter zur Anwendung kommen, höherer Tetanustoxoid- und Diphtherietoxoid- oder Bordetella-pertussis-Antigengehalte als Tdap-Kombinationsimpfstoffe für Erwachsene. Dies führt zu einem potenziell erhöhten Risiko für lokale und systemische Reaktogenität.
Die Impfung sollte zeitnah nach einem Ausbruchsgeschehen oder bei Nachweis invasiver Hib-Erkrankungen erfolgen – vorzugsweise dort, wo die Betroffenen direkt erreicht werden können, etwa in Einrichtungen der Wohnungslosen- oder Drogenhilfe. Diese Gelegenheit bietet zugleich die Möglichkeit, den allgemeinen Impfstatus zu überprüfen und fehlende Auffrischungen nachzuholen.
Bei engem Kontakt zu einem Fall mit invasiver Haemophilus influenzae Typ b-Erkrankung wird zusätzlich zur Impfung eine postexpositionelle Chemoprophylaxe empfohlen. Standardmedikament ist Rifampicin über vier Tage; alternativ können Ceftriaxon (einmalige i.m.- oder i.v.-Gabe) oder Ciprofloxacin bei Erwachsenen eingesetzt werden. Die Maßnahme sollte so früh wie möglich, idealerweise innerhalb von 24 Stunden nach Diagnosestellung, eingeleitet werden. Besonders wichtig ist sie für Haushaltskontakte, Betreuende in Gemeinschaftseinrichtungen sowie für vulnerable Personen ohne vollständigen Hib-Impfschutz.
Quellen:
STIKO: Erweiterung der Empfehlung zur Indikationsimpfung und postexpositionellen Chemoprophylaxe gegen Haemophilus influenzae Typ b, Epidemiologisches Bulletin 34 | 2025
Infektionsgeschehen unter Menschen in Wohnungslosigkeit und Menschen, die Drogen gebrauchen, Epidemiologisches Bulletin 32 | 2025
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