Für viele Deutsche ist der Kaffee unverzichtbarer Bestandteil der Morgenroutine. Wo die Grenzen des gesunden Konsums liegen und warum wir das Getränk möglicherweise Ziegen zu verdanken haben. Ein Blick über den Tassenrand.
Ein Artikel von Alexandra Vorik
Sobald ich Kaffee trinke, sehe ich Sterne – unabhängig von der Tageszeit. Ich vertrage Koffein nicht, schon ein Drittel einer Tasse wirkt bei mir wie sechs. Das kann einige biologische Gründe haben: Manche Menschen bauen Koffein wegen Varianten im CYP1A2-Gen langsamer ab, andere reagieren durch Veränderungen im ADORA2A-Gen besonders empfindlich an den Adenosin-Rezeptoren.
Deutschland, das Land des Bieres? Von wegen! Zwar war es noch im 18. Jahrhundert in Mitteleuropa üblich, den Tag mit Bier oder Biersuppe zu beginnen – Kaffee verdrängte diese Tradition allmählich und wurde bald zum Inbegriff des bürgerlichen Frühstücks. 2023 wurden allein in Deutschland rund 163 Liter Kaffee pro Kehle getrunken.
Einer Legende zufolge beobachtete ein Hirte namens Kaldi, wie seine Ziegen von bestimmten Kirschen naschten, um dann voller Energie über Felsen zu hüpfen. Neugierig kostete er selbst die Früchte und brachte sie ins Kloster – die Mönche warfen sie ins Feuer, der Duft füllte die Räume, und so begann die Geschichte des Kaffees. Die Entdecker genossen ihn zunächst in fester Form, man aß damals die ganzen Früchte. Erst später wurde daraus ein Getränk.
Bestellt man in Wien einen Kaffee, gibt’s ein Glas Wasser dazu. Offiziell, um den Gaumen zu neutralisieren; inoffiziell, weil Kaffee entwässernd wirken soll. Ähnliches gilt für die Milch im Kaffee: Für manche ist sie ein „Ausgleich“ für den angeblichen Verlust von Calcium. Fakt ist: Koffein kann die Calciumaufnahme zwar minimal beeinflussen – klinisch spielt das jedoch keine Rolle.
Mehr als 120 Arten der Gattung Coffea sind bekannt, im Alltag dominieren Arabica und Robusta. Es gibt aber auch echte Raritäten wie den „Monsooned Malabar“ aus Indien, dessen Bohnen wochenlang Monsunwinden ausgesetzt werden, oder den indonesischen Kopi Luwak, bei dem Zibetkatzen Kaffeekirschen fressen und man später die fermentierten Bohnen „erntet“.
Koffein blockiert Adenosinrezeptoren im Gehirn und wirkt so wachmachend. Antonio und Kollegen haben die gängigsten Kaffee-Mythen geprüft:• Entwässerung: Kein Hinweis auf klinisch relevante Dehydrierung bei Konsum bis 400 mg/Tag.• Toleranz: Uneinheitliche Daten – beim Menschen teils Anpassung, teils nicht.• Afternoon Crash: Das Nachmittagstief ist physiologisch, nicht kaffeebedingt.
Nationale und europäische Behörden empfehlen Schwangeren, nicht mehr als 200 mg Koffein pro Tag zu konsumieren. Studien deuten jedoch darauf hin, dass auch geringere Mengen Risiken bergen können – eine absolut sichere Schwelle gibt es vermutlich nicht. Auch die Beziehung zwischen Koffein und Depression ist schon lange Gegenstand der Forschung und gilt als komplex: Der moderate Konsum kann mit einem geringeren Depressionsrisiko und stimmungsaufhellenden Effekten verbunden sein. Toxikologisch liegt die kritische Dosis deutlich höher: Ab etwa 1,2 g Koffein drohen Krampfanfälle, ab 5–10 g wird es lebensgefährlich. Mit Getränken allein praktisch unerreichbar; das Risiko liegt bei hochkonzentrierten Pulvern und Supplementen.
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