Wissenschaftler:innen der Universitäten in Hamburg, Düsseldorf und Tübingen haben am 29. September 2025 den ersten Zwischenbericht zur Evaluierung des Konsumcannabisgesetzes (EKOCAN) veröffentlicht. Die Studie soll u. a. Aufschluss darüber geben, inwieweit der Kinder- und Jugendschutz sowie der Gesundheitsschutz gewährleistet sind und wie sich die Bezugsquellen von Cannabis seit der Teillegalisierung im April 2024 verändert haben.[1] Die ersten Ergebnisse der Studie zeigen keine Erhöhung des Cannabiskonsums unter Jugendlichen. Der Schwarzmarkt konnte bisher allerdings nicht eingedämmt werden.[2]
Sinkende Zahl jugendlicher Cannabiskonsument:innen sowie Anstieg bei jungen Erwachsenen
Die erste Evaluierung des Konsumcannabisgesetztes zeigt, dass der Cannabiskonsum bei Jugendlichen leicht rückläufig ist. Zudem nehmen weniger Jugendliche eine Suchtberatung in Anspruch. Bei jungen Erwachsenen ist hingegen ein leichter Anstieg des Konsums zu beobachten – ein Trend, der sich seit 2011 abzeichnet. Zudem liegen Hinweise auf einen leichten Anstieg akuter Gesundheitsprobleme infolge von Cannabiskonsum unter Erwachsenen seit der Teillegalisierung vor. Laut den Studienautor:innen sind weitere Untersuchungen nötig, um den genauen Einfluss des KCanG auf die Gesundheitsprobleme durch den Cannabiskonsum zu bestimmen. Als Datenbasis für die Evaluierung des Gesetzes wurde u. a. die im September veröffentlichte Drogenaffinitätsstudie herangezogen.
Studie zur Drogenaffinität Jugendlicher und junger Erwachsener
Die Drogenaffinitätsstudie des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) wird seit 1973 in drei- bis vierjährigen Abständen wiederholt mit dem Ziel, u. a. die Verbreitung von Cannabis bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland zu untersuchen. Mit dem Erhebungsjahr im Jahr 2023 und der aktuellen Studie von 2025 liegen sowohl Ergebnisse ein Jahr vor der Teillegalisierung im April 2024 als auch ein Jahr danach vor.
Methode:
Für die repräsentative Studie wurden zwischen April und Juli 2025 insgesamt 7.001 junge Menschen im Alter zwischen 12 und 25 Jahren telefonisch befragt.
Ergebnisse:
Laut den Ergebnissen ging der Anteil der Jugendlichen (12 bis 17 Jahre), die nach der Teillegalisierung im April 2024 konsumiert haben, von 6,7 auf 6,1 Prozent zurück. Auch der Anteil der regelmäßigen Konsument:innen unter den Jugendlichen, die mehr als zehnmal innerhalb von zwölf Monaten Cannabis konsumiert haben, reduzierte sich in diesem Zeitraum leicht von 1,3 auf 1,1 Prozent.
Hingegen wurde bei jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren eine Zunahme des Cannabis-Konsums beobachtet. Die sogenannte Zwölf-Monats-Prävalenz stieg von 23,3 auf 25,6 Prozent. Der Anteil der regelmäßigen Konsument:innen in dieser Altersgruppe erhöhte sich von 8 auf 8,9 Prozent.[3]
Die legale Versorgung von Konsument:innen bleibt eine Herausforderung
Zu den Hauptzielen des Konsumcannabisgesetztes (KCanG) zählte neben der Verbesserung des Gesundheitsschutzes auch die Eindämmung des Schwarzmarktes. Dafür wurde der Cannabisbesitz in bestimmten Höchstmengen, der Eigenanbau von bis zu drei Pflanzen sowie der gemeinschaftliche Anbau in Cannabisvereinen legalisiert. Laut Evaluierung wird der Großteil des Bedarfes für den Freizeitkonsum jedoch weiter über den Schwarzmarkt, der den gewinnorientierten illegalen Handel einschließt, gedeckt. In der Regel wird davon der sogenannte illegale „Social Supply“, die Weitergabe zwischen Freunden und Bekannten oder innerhalb sozialer Netzwerke, der meist kostendeckend oder unentgeltlich erfolgt, ausgeschlossen.
Legale Cannabisvereine decken laut Erhebung mit 0,1 % hingegen nur einen sehr geringen Teil des geschätzten Bedarfs von 700-1.000 Tonnen jährlich. Maximal 2 % der erwachsenen Konsument:innen sind Mitglieder eines Cannabisvereins und deutschlandweit sind nur etwa 300 Vereine genehmigt. Dies reicht laut den Studienautor:innen nicht aus für eine relevante Marktverschiebung, dafür wären mehrere Tausend lizensierte Cannabisvereine notwendig.
Auch wenn vom Gesetzgeber eine Trennung zwischen Konsum- und Medizinalcannabis vorgesehen ist, ist die Unterscheidung von Patient:innen mit medizinischem Bedarf und Freizeitkonsument:innen häufig schwierig.2 Das führt dazu, dass ein wachsender Anteil des benötigten Cannabis (etwa 12–14 %) über die Verordnung in Apotheken gedeckt wird, was zu Debatten über strengere Regeln zum Onlineversand und Verschreibung führt.[4]
Daher fordern viele Politiker:innen weniger Bürokratie und eine Ausweitung regulierter Verkaufsmöglichkeiten, um den Schwarzmarkt einzudämmen und einen legalen Markt zu schaffen, der die Nachfrage bedienen kann.
Rückgang cannabisbezogener Delikte
Laut Evaluationsbericht sank die Zahl der Delikte um etwa 60–80 %, wodurch Polizei und Justiz entlastet werden. Dieser Rückgang resultiert daraus, dass der Besitz geringer Mengen zum Eigenbedarf seit der Teillegalisierung nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird. Dadurch bleibt vor allem der illegale Handel mit Cannabis als Delikt übrig und macht nun einen deutlich größeren Anteil aller Delikte im Zusammenhang mit Cannabis aus.
Laut den Autor:innen liegen zum jetzigen Zeitpunkt noch zu wenige Daten vor, um die Auswirkungen des KCanG auf die Art und Anzahl der Handelsdelikte beurteilen zu können. Eine umfassende Bewertung und die Auswirkungen des KCanG auf die organisierte Kriminalität, werden erst nach einer längeren Beobachtungszeit möglich sein. Die nächste Evaluierung erfolgt am 1. April 2026, die u. a. die Auswirkungen auf cannabisbezogene organisierte Kriminalität einbezieht.
Fazit
Die Autor:innen der ersten Evaluierung schlussfolgern, dass der Jugendschutz durch das KCanG nicht gefährdet ist und auch für die weiteren untersuchten Bereiche bis jetzt kein dringender Handlungsbedarf zu erkennen sei.
Die Ergebnisse verdeutlichen allerdings, dass die aktuelle Versorgung auf legalem Weg nicht geeignet ist, um den Bedarf von Cannabis für den Freizeitkonsum zu decken und so den Schwarzmarkt zu verdrängen. Daher bestehe der Bedarf, die Bedingungen für Cannabisvereine zu verbessern sowie neue, legale Verkaufswege für den Freizeitkonsum zu etablieren.
Die Evaluierung wird nun wie geplant weitergeführt. Anfang April 2026 ist eine zweite Auswertung geplant. Ein Abschlussbericht ist für April 2028 vorgesehen.
Quellen
[1] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/ressortforschung/handlungsfelder/forschungsschwerpunkte/wissenschaftliche-evaluation-konsumcannabisgesetz/ekocan.html. Zuletzt aufgerufen am 02.10.2025
[2] Manthey, Jakob et al. (2025, September 29). Evaluation des Konsumcannabisgesetzes (EKOCAN): 1. Zwischenbericht. http://doi.org/10.25592/uhhfdm.17993
[3] Orth, B. & Nitzsche, A. (2025). Die Drogenaffinität Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland 2025. Cannabis – aktuelle Entwicklungen und Trends. BIÖG-Forschungsbericht. Köln: Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit. https://doi.org/10.17623/BIOEG:Q3-DAS25-CAN-DE-1.0
[4] https://taz.de/Abgabe-von-medizinischem-Cannabis/!6100898/- Zuletzt aufgerufen am 02.10.2025.