Der RSV-Impfstoff mRESVIA könnte der Beginn einer medizinischen Revolution sein. Jetzt wurde die Zulassung auf eine weitere Patientengruppe erweitert. Was das für euch bedeutet.
Es war eine kleine Sensation, als im August 2024 mit dem mRNA-Impfstoff mRESVIA® der erste nicht gegen COVID-19 gerichtete mRNA-Impfstoff eine EU-Zulassung erhielt. Eine solche Zulassung erhalten Impfstoffe nur, wenn sowohl die Daten zur Wirksamkeit als auch die zur Sicherheit überzeugen können. Mit diesem Impfstoff gegen das Respiratorische Synzytial-Virus wurde ein neues Kapitel der Impfstoff-Produktion eröffnet, das ein gewaltiges, noch kaum abschätzbares Entwicklungspotenzial in sich birgt.
Ein Blick auf die Eigenschaften dieses Impfstoffs erläutert dieses Zukunfts-Potenzial eindrucksvoll: mRESVIA® (mRNA-1345) ist ein RSV-Impfstoff, der aus einer mRNA-Sequenz besteht, die für ein stabilisiertes Präfusions-F-Glykoprotein kodiert. Das F-Glykoprotein wird auf der Oberfläche des Virus exprimiert und ist für die Infektion erforderlich, da es dem Virus hilft, in Wirtszellen einzudringen. Die Präfusions-Konformation des F-Proteins ist ein wichtiges Ziel potenter neutralisierender Antikörper und ist sowohl bei den RSV-A- als auch bei den RSV-B-Subtypen hoch konserviert. Und besonders wichtig: Im Impfstoff sind die gleichen Lipid-Nanopartikel (LNPs) enthalten wie im COVID-19-Impfstoff von Moderna. Das öffnet die Tür für die Entwicklung vieler weiterer Impfstoffe auf dieser millionenfach bewährten Basis.
Warum ein weiterer Artikel zu diesem Impfstoff? Hatte die EU den mRESVIA-Impfstoff im August 2024 lediglich für die Altersgruppe „Erwachsene ab dem Alter von 60 Jahren“ erteilt, so wurde im Juli 2025 diese EU-Zulassung auf die Gruppe „Erwachsene zwischen 18 und 59 Jahren mit einem erhöhten Risiko von durch RSV verursachten Erkrankungen der unteren Atemwege“ erweitert. Hieraus ergeben sich Konsequenzen für unser tägliches Impfen in der Praxis – gerade jetzt, wo die meist im Oktober beginnende RSV-Saison vor der Tür steht.
Hat dies Auswirkungen auf die RSV-Impfung in Deutschland? Hier hilft ein Blick auf die STIKO-Empfehlung: Die STIKO empfiehlt (Stand 8.4.2025) allen Personen ab 75 Jahren eine einmalige RSV-Impfung als Standardimpfung, möglichst vor der RSV-Saison (d. h. idealerweise im September bzw. Anfang Oktober). Außerdem empfiehlt die STIKO Personen im Alter von 60 bis 74 Jahren, die eine schwere Form einer der unten aufgeführten Grunderkrankungen haben oder in einer Einrichtung der Pflege leben, eine einmalige RSV-Impfung als Indikationsimpfung.
Eine Impfung gegen RSV ist (lediglich) für Personen ab 60 Jahren mit Grunderkrankungen, die mit einem deutlich erhöhten Risiko für eine schwer verlaufende RSV-Erkrankung einhergehen, empfohlen. Dazu gehören schwere Formen von:
Und die STIKO ergänzt, dass leichte oder unkomplizierte bzw. medikamentös gut kontrollierte Formen dieser Erkrankungen nach jetzigem Wissensstand nicht mit einem deutlich erhöhten Risiko für einen schweren RSV-Krankheitsverlauf einhergehen. Eine Impfung wird in diesen Fällen nicht empfohlen.
Aber sie weist ergänzend auch ausdrücklich auf Wichtiges hin: Eine mögliche Einzelfallentscheidung für die Impfung außerhalb der Empfehlung ist nach individueller Abwägung mit dem Arzt grundsätzlich möglich. Weiter heißt es (Stand 10.4.2025): „Es stehen derzeit zwei proteinbasierte RSV-Impfstoffe sowie ein mRNA-RSV-Impfstoff zur Verfügung. Eine präferenzielle Empfehlung für einen der Impfstoffe kann nicht ausgesprochen werden.“ Sie sind als gleichwertig zu betrachten, was im Faktenblatt des RKI vom April 2025 ergänzt wird: „Das Risiko für eine durch RSV-bedingte Erkrankung der unteren Atemwege wird durch proteinbasierte RSV-Impfstoffe um etwa 75 % und durch den mRNA-Impfstoff um 84 % reduziert. [...] Die Wirksamkeit des mRNA-Impfstoffes vor schweren Verläufen kann mit den bisherigen Daten nicht sicher beurteilt werden“.
Die Quintessenz für unser Impfen in der Praxis: Da die Altersgruppe „18- bis 59-Jährige mit erhöhtem Risiko für eine durch RSV verursachte LRTD“ in der STIKO-Empfehlung ausdrücklich nicht aufgeführt ist, ist die Vakzination dieser Patienten-Gruppe keine Indikationsimpfung (Kassenleistung!). Im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ist eine solche Impfung außerhalb der STIKO-Empfehlung nach individueller Abwägung aber grundsätzlich möglich. Eine solche sollte exakt dokumentiert und ggf. bereits vorab eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse geklärt werden.
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