Ursprünglich als Antihypertensivum auf den Markt gebracht, hat sich Minoxidil zum Haarausfall-Helden entwickelt. Wie es wirkt und in welcher Form ihr es einsetzen könnt, lest ihr hier.
Minoxidil ist ein Wirkstoff, der in den 1970er Jahren als Blutdrucksenker auf den Markt kam. Es wirkt, indem es die Kaliumkanäle in den Gefäßmuskelzellen öffnet, was zu einer Entspannung der Gefäße und damit zu einer Senkung des Blutdrucks führt. Da bei der oralen Einnahme allerdings schwere Nebenwirkungen auftreten können, kommt Minoxidil nur noch dann zum Einsatz, wenn andere Arzneimittel nicht ausreichen. Es muss dann auch immer mit einem Diuretikum und einem Betablocker kombiniert werden, womit sich Wassereinlagerungen und Herzrasen reduzieren lassen.
Man beginnt mit fünf Milligramm täglich. Die Dosis kann dann schrittweise bis maximal 100 Milligramm pro Tag gesteigert werden. Die Halbwertszeit liegt bei etwa 3,5 bis 4 Stunden, die blutdrucksenkende Wirkung hält jedoch bis zu 24 Stunden an. Nach fünf Halbwertszeiten ist eine Substanz quasi vollständig aus dem Körper entfernt.
Es wurde beobachtet, dass bei Patienten, die Minoxidil einnehmen mussten, vermehrt die Haare wuchsen. Das führte schließlich zur Entwicklung von Präparaten zur äußerlichen Anwendung bei Haarausfall. Seit 1986 gibt es eine 2-prozentige Lösung gegen Haarausfall, später kam dann noch eine 5-prozentige hinzu. Die Lösung wird direkt auf die Kopfhaut aufgetragen, meist zweimal täglich.
Minoxidil wirkt, indem es die Wachstumsphase der Haare verlängert und zudem die Haarfollikel stimuliert. Die Haare durchlaufen drei Phasen: die Wachstumsphase, die Übergangsphase und die Ruhephase. Es befinden sich etwa 85 Prozent der Haare gleichzeitig in der zwei bis sechs Jahre andauernden Wachstumsphase. Während dieser Zeit wächst ein Haar täglich zwischen 0,3 und 0,5 Millimeter. Das entspricht etwa 15 Zentimetern pro Jahr. Auf die Wachstumsphase folgt die zwei bis vier Wochen dauernde Übergangsphase. In dieser Phase wächst das Haar nicht weiter und trennt sich von der Haarwurzel. Es bleibt jedoch noch eine gewisse Zeit im Follikel, bevor es in der anschließenden Ruhephase ausfällt.
Die ersten sichtbaren Erfolge durch Minoxidil zeigen sich nach zwei bis vier Monaten regelmäßiger Anwendung. Wird die Behandlung allerdings abgebrochen, fallen die neuen Haare innerhalb weniger Monate wieder aus – wie gewonnen, so zerronnen.
Für Männer sind in der Regel 5-prozentige Präparate vorgesehen, für Frauen meist 2-prozentige. Es gibt aber auch für Frauen einen 5-prozentigen Minoxidil-Schaum, der dann nur ein- anstatt wie bei Männern zweimal täglich aufgetragen wird. Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wird die Anwendung nicht empfohlen. Auch ältere Patienten über 65 Jahren sollten es laut Fachinformation nicht nutzen, da keine ausreichenden Sicherheitsdaten vorliegen.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Hautreizungen an der Kopfhaut wie Juckreiz, Brennen, Schuppen oder Ekzeme. Kopfschmerzen treten sehr häufig auf. Sogar Depressionen wurden häufig berichtet. Ebenfalls kam es zu Herzrasen (Tachykardie), Blutdruckabfällen (Hypotonie) und Brustschmerzen. Eine weitere, sehr auffällige Nebenwirkung ist die Hypertrichose, also übermäßiger Haarwuchs an nicht behandelten Stellen. Sie kann entstehen, wenn Minoxidil versehentlich über die Hände weitergetragen oder durch engen Hautkontakt auf andere Personen übertragen wird. Dokumentiert sind sogar Fälle von starkem Haarwuchs bei Säuglingen, die mit behandelten Angehörigen in Berührung kamen.
Für Frauen und Männer mit erblich bedingtem Haarausfall stellt Minoxidil eine der wichtigsten Therapien dar. Besonders wirksam ist es, wenn der Haarausfall noch nicht so lange besteht und die Fläche kleiner ist. Studien zeigen, dass sich die Haardichte nach einigen Monaten deutlich verbessern kann. Jüngere Betroffene sprechen meist besser darauf an.
Vergleichende Analysen haben gezeigt, dass Tabletten in einer niedrigen Dosierung zum Teil aber wirksamer sind als äußerliche Anwendungen. Tabletten sind wegen der höheren Risiken in Deutschland aber – wie erwähnt – nur zur Behandlung von schwerem Bluthochdruck zugelassen. Auch bei anderen Formen des Haarausfalls wie kreisrundem Haarausfall oder Strahlen-Alopezie konnte Minoxidil positive Effekte zeigen. Bei Patienten nach einer Bestrahlung sprachen mehr als 80 Prozent auf eine 5-prozentige Lösung an.
Bei Frauen mit hormonell bedingtem Haarausfall wurde untersucht, ob eine Kombination mit Östrogenen sogar bessere Ergebnisse liefern würde als Minoxidil alleine. Die Studien zeigten zwar eine etwas höhere Zufriedenheit, allerdings traten auch häufiger Nebenwirkungen wie Zyklusstörungen auf, weshalb die Kombination nicht empfohlen wird. In der Schwangerschaft und in der Stillzeit darf Minoxidil nicht angewendet werden. Die Fachinformation weist auf mögliche Risiken für das ungeborene Kind und den Säugling hin.
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