Dehnen gehört zum Sport wie das Amen in der Kirche. Aber wie effektiv ist es wirklich? Ein Forscherteam hat jetzt konkrete Empfehlungen veröffentlicht – und endlich mit einigen Mythen aufgeräumt.
Das Thema Stretching beschäftigt Sportler und Trainer seit Jahrzehnten: Soll man vor oder nach dem Sport dehnen? Wie lange, und welche Technik ist am besten? Viele dieser Fragen wurden bislang mehr nach Gefühl als nach Fakten beantwortet. Jetzt hat ein Forscherteam erstmals klare Empfehlungen vorgelegt und bringt so mehr Orientierung ins Dehn-Dickicht.
Stretching wird in vielen Bereichen eingesetzt: Beweglichkeit steigern, Schmerzen lindern oder Verletzungen vorbeugen – die Liste ist lang. Doch nicht alle versprochenen Effekte lassen sich wissenschaftlich halten. Beispielsweise kann Dehnen Fehlhaltungen wie einen Rundrücken nicht beheben, und auch zur Verletzungsprävention trägt Stretching vermutlich wenig bei. Alternativen wie Krafttraining über den gesamten Bewegungsumfang verbessern die Beweglichkeit oft ebenso effektiv. Trotzdem bleibt Dehnen eine unkomplizierte und kostenlose Option, die fast immer und überall einsetzbar ist.
Unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Jan Wilke erarbeiteten 20 internationale Experten auf Basis der Studienlage praxisnahe Empfehlungen. In einem mehrstufigen Verfahren wurden die wichtigsten Fragen geklärt: Wann lohnt sich Dehnen, wie lange sollte es dauern und welche Technik ist geeignet? Am Ende stand ein Konsens in zwölf Anwendungsfeldern. Für mehr Beweglichkeit empfehlen die Forscher mindestens zwei Serien à 5 bis 30 Sekunden – die Technik spielt dabei keine große Rolle. Wer Muskelsteifigkeit reduzieren will, sollte mindestens vier Minuten statisch dehnen, im besten Fall fünfmal pro Woche. Und zur Unterstützung des Herz-Kreislauf-Systems sind mindestens 7 Minuten (akut) oder 15 Minuten (langfristig) statisches Dehnen ratsam.
Dehnen kann auch beim Muskelaufbau und der Kraftsteigerung unterstützen, hierzu gibt es ebenfalls konkrete Empfehlungen in der aktuellen Publikation.
„Laut Studien dauert es durchschnittlich 17 Jahre, bis Forschungsergebnisse in der Praxis etabliert sind“, sagt Prof. Wilke. Das Ziel des Teams: Den Transfer von Wissenschaft in die Trainingspraxis beschleunigen und Dehnen als gezieltes Trainingsmittel statt als Streitthema etablieren.Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung. Wir haben sie euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Natalia Blauth, Unsplash